Fantasien um «Todesgremien»

Bill Gates war während des G20-Gipfels in Afrika

04.07.2023, 16:45 (CEST)

Kann der Microsoft-Gründer Bill Gates den Staats- und Regierungschefs dieser Welt Befehle erteilen? Manche behaupten das. Doch was sie dazu verbreiten, stimmt hinten und vorne nicht.

Bill Gates hat angeblich den führenden Politikern der Welt befohlen, «Todesgremien» einzusetzen. Beim Gipfeltreffen der G20-Staaten im November 2022 auf Bali habe Gates die Staats- und Regierungschefs «belehrt», «dass in naher Zukunft Todeszellen notwendig sein werden, um das Leben kranker und kranker Menschen aufgrund "sehr, sehr hoher medizinischer Kosten" zu beenden».

Bewertung

Diese Behauptung ist falsch. Es gibt weder einen solchen Befehl noch eine solche Empfehlung. Während des G20-Treffens in Asien war Gates in Afrika.

Fakten

Ein Facebook-Post aus Luxemburg enthält einen Link zu einer Webseite namens «unwiderlegbarefakt.wixsite.com». Dort wird behauptet: «Bill Gates befiehlt den Staats- und Regierungschefs der Welt, "Todesgremien" einzusetzen». Dies sei «die brutale, mörderische Welt, die Bill Gates und seine Mitarbeiter auf dem Weltwirtschaftsforum im Rahmen ihres Great Reset einführen wollen». Die «Todeskommandos» von Gates hätten «mit der Besessenheit der Globalistenelite von der Entvölkerung zu tun».

Während des Gipfels war Bill Gates in Kenia

Diese Behauptungen sind pure Fantasie. Tatsächlich hat Bill Gates nicht an dem G20-Treffen auf Bali teilgenommen. Er gehörte auch nicht zu einer Gruppe von Managern großer Unternehmen, die sich am Rande des Gipfels trafen und dort auch mit Staats- und Regierungschefs in Kontakt kommen konnten. Unter ihnen war der Chef des Weltwirtschaftsforums in Davos, Klaus Schwab.

Bill Gates befand sich während des Bali-Gipfels ganz woanders, nämlich in Kenia (Ostafrika). Am 15. November besuchte Gates beispielsweise mit einem Politiker ein Krankenhaus und pflanzte einen Baum. Am 16. November traf Gates Kenias Präsidenten William Ruto. Über den Besuch von Gates haben kenianische Medien berichtet.

Wesentliche Teile der Webseite «unwiderlegbarefakt.wixsite.com» sind eine Übersetzung eines englischsprachigen Artikels der Webseite «The People's Voice». Diese bezeichnet sich selbst als «unabhängige Nachrichten- und Unterhaltungswebseite» und fiel schon häufiger mit erfundenen Berichten - vor allem über das WEF - auf.

In einem dort verbreiteten Video wird ebenso wie auf der Webseite «unwiderlegbarefakt.wixsite.com» behauptet, Bill Gates sei «in letzter Zeit so arrogant geworden, dass er sich freut, wenn Kameras ihn dabei erwischen, wie er die wahren Absichten der mörderischen Eliten laut ausspricht». Zum Beweis dieser Behauptung wird ein Video verbreitet, der nichts mit dem G20-Gipfel auf Bali zu tun hat. Dieser Video-Ausschnitt vom 15. Juli 2010 zeigt einen Teil einer etwa einstündigen Diskussion, die Gates bei einer Podiums-Veranstaltung des «Aspen Institute» mit dessen Direktor Walter Isaacson führte.

Republikanerin Palin sprach von «death panels»

In diesem 13 Jahre alten Video spricht Gates in der Tat von einem «death panel», was als «Todespanel» und möglicherweise auch als «Todesgremium» übersetzt werden könnte. Allerdings geht es bei dem Gespräch, von dem auch eine vollständige Fassung verfügbar ist, um die damals im Zusammenhang mit den Reformplänen von Präsident Barack Obama zur Gesundheitsreform («Obamacare») viel diskutierte Höhe der US-Ausgaben für das Gesundheitswesen.

Damals sagte Gates, die stetig wachsenden Kosten für das Gesundheitswesen könnten den Zugang zu Bildung einschränken: «Das ist ein Trend, der von der Gesellschaft herbeigeführt wird, wegen der sehr, sehr hohen medizinischen Kosten und der mangelnden Bereitschaft zu sagen: "Wäre es besser, diese 10 Lehrer nicht zu entlassen und diesen Kompromiss bei den medizinischen Kosten einzugehen, wenn man eine Million Dollar für die letzten drei Lebensmonate dieses Patienten ausgibt?"». Er fügte dann hinzu: «Aber das nennt man das Todespanel, und diese Diskussion darf man nicht führen.»

Mit dem Wort «death panel» (Todespanel) benutzte er einen von der früheren republikanischen Gouverneurin von Alaska, Sarah Palin, geprägten Begriff. Die konservative Politikerin hatte den später wieder verworfenen Vorschlag der Obama-Regierung, auch die freiwillige Beratung von Patienten nahe des Lebensendes über Patientenverfügungen oder die Unterbringung in einem Hospiz zu finanzieren, als Schaffung von «Todespanels» bezeichnet.

Weder damals noch später hat sich Gates für die Schaffung von «Todesgremien» ausgesprochen. Und schon gar nicht hat er den Staats- und Regierungschefs der Welt etwas derartiges befohlen.

(Stand 04.07.2023)

Links

Facebook-Post, archiviert

Webseite, archiviert

Bundesregierung über G20-Treffen, archiviert

Gates in Krankenhaus in Kenia, archiviert

Gates pflanzt Baum in Kenia, archiviert

Gates bei Präsident Ruto, archiviert

Kenianische Zeitung The Standard über Gates, archiviert

Selbstbeschreibung The People's Voice, archiviert

dpa-Faktenchecks zu The People's Voice I, II, III, IV, V

Video, archiviert

Artikel The People's Voice, archiviert

Vollständiges Video zum Gespräch mit Gates, archiviert

Sarah Palin zu death panels, archiviert

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