Ehemaliger Regierungsbunker im Ahrtal ist seit 2008 Dokumentationsstätte

26.1.2023, 09:18 (CET), letztes Update: 20.3.2023, 11:55 (CET)

Kurz nach der Flutkatastrophe im Ahrtal machte die Falschbehauptung die Runde, im Zuge der Flut seien hunderte minderjährige Todesopfer im Kreis Ahrweiler gefunden worden. Nun wird dieses Fass wieder aufgemacht: In einem Video heißt es, der ehemalige Regierungsbunker im Ahrtal sei in der Vergangenheit verkauft worden - und auf «Rechnern» im Bunker sei Pornografie gefunden worden. Man gehe «auch von Pädophilie aus». Das Verschwörungsnarrativ rund um angeblichen Kindesmissbrauch, bei dem unterirdische Einrichtungen eine Rolle spielt, gibt es schon lange.

Bewertung

Die Behauptungen sind falsch. Seit 2005 ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) verantwortlich für den Regierungsbunker. Seit 2008 befindet sich dort außerdem eine Dokumentationsstätte. Alle Grundstücke, auf denen Zugänge zum Stollensystem nach außen münden, gehören der BImA.

Fakten

Die Eigentumsverhältnisse des ehemaligen Bunkersystems sind besonders: Alle Grundstücke, auf denen Zugänge zum Stollensystem nach außen münden, gehören der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Das teilte die BImA der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit.

Darum ist der BImA nach eigenen Angaben rechtlich verpflichtet, das gesamte Stollensystem regelmäßig auf seinen baulichen Zustand zu überprüfen und gegen unbefugtes Betreten umfänglich zu sichern. Das sei nur zu gewährleisten, wenn alle Zugangsgrundstücke im Eigentum der BImA verbleiben.

Einige innere Stollenabschnitte hingegen liegen unter Grundstücken anderer Eigentümer. Diese sind nach deutschem Recht auch Eigentümer des darunterliegenden Stollenabschnitts.

Es ist also falsch zu behaupten, durch einen Verkauf hätten neue Eigentümer Zugang zum Bunker erhalten - und daraus zu schließen, dass dort Gegenstände privater Eigentümer gefunden worden seien.

Der Regierungsbunker bei Ahrweiler wurde in den 1960er Jahren gebaut und 1971 fertiggestellt. Er baute auf einen nie vollendeten Eisenbahntunnel auf. Nötig war der Bau nach dem Nato-Beitritt der Bundesrepublik geworden: Damit verpflichtete sie sich, einen «Ausweichsitz» für die deutschen Verfassungsorgane zu errichten.

In den 1990ern beschloss die Bundesregierung, das gut 17 Kilometer lange Bunkersystem aufzugeben. Zwischen 2001 und 2006 wurde der Bunker zurückgebaut und entkernt. Der BImA wurde bei ihrer Gründung 2005 das Eigentum an allen bis dahin bundeseigenen Grundstücken übertragen, die zum Regierungsbunker gehören.

Seit 2008 befindet sich dort eine Dokumentationsstätte mit Museum. Nur etwa 203 Meter des ursprünglichen Systems sind noch im originalen Zustand erhalten.

Die BImA sagte der dpa, dass sämtliche verbliebene Verbindungen des Bunkersystems zur Außenwelt gegen unbefugten Zutritt gesichert seien. «Die Kontrolle über den Zugang zum Stollensystem liegt ausschließlich in den Händen der BImA bzw. für deren Bereich in den Händen der Dokumentationsstätte.»

Die Leiterin der Dokumentationsstätte, Heike Hollunder, erklärte der dpa auf Anfrage: «Alle Gänge sind noch vorhanden, jedoch ohne Mobiliar, ohne die Böden, ohne Technik, quasi auf den Urzustand des Eisenbahntunnels zurückversetzt.»

Die Dokumentationsstätte bietet seit Beginn ihrer Arbeit auf dem noch erhaltenen Gelände regelmäßig Führungen für einzelne, Gruppen und Schulklassen an. In den kommenden Jahren will die Stelle die Führungen auf weitere Tunnelabschnitte ausweiten.

Falschbehauptungen und Verschwörungsmythen über Kindesmissbrauch, bei denen auch angebliche unterirdische Einrichtungen oder eine im Geheimen arbeitende Macht-Elite eine Rolle spielen, kursieren regelmäßig im Netz.

(Stand: 25.1.2023)

Berichtigung

Im Text wurden die Angaben zu den Eigentumsverhältnissen präzisiert. Nicht die gesamte Anlage ist Eigentum der BImA, sondern lediglich ein Teil sowie die Grundstücke, auf denen Zugänge zum Stollensystem nach außen münden.

Links

Dokumentationsstätte Regierungsbunker (archiviert)

Zum Bunker (archiviert)

Zur Zukunft des Bunkers (archiviert)

dpa-Faktencheck

Informationen zum Bunker (archiviert)

Zum Rückbau (archiviert)

Fernsehbericht über Bunker und Führungen

Dokumentationsstelle bei Google Maps (archiviert)

Zum alten Eisenbahnprojekt (archiviert)

Zum Bunker (2) (archiviert)

Chronik der Dokumentationsstelle (archiviert)

§94 BGB (archiviert)

dpa-Faktencheck (1)

dpa-Faktencheck (2)

Post (archiviert)(Video archiviert)

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