Aussage fehlinterpretiert

Lauterbach weist auf mögliche Spätfolgen nach Corona-Infektion hin

28.10.2022, 14:39 (CEST)

Karl Lauterbach soll angeblich angekündigt haben, Herzinfarkt-Tote zukünftig als Corona-Tote zählen zu lassen. Doch damit ist seine wörtliche Aussage zu den möglichen Spätfolgen einer Infektion zu weitgehend interpretiert.

Die Zahl der Corona-Toten ist oft Gegenstand von Diskussionen. Im Netz wird nun behauptet, Bundesgesundheitsminister Lauterbach habe bei der Vorstellung einer neuen Corona-Kampagne angeblich angekündigt, zukünftig alle Herzinfarkt-Toten nach einer Infektion als Corona-Tote zu zählen. Stimmt das?

Bewertung

Das hat der Bundesgesundheitsminister so nicht gesagt. Er wies auf eine mögliche Untererfassung von Corona-Toten hin, weil Corona-Spätfolgen wie ein Herzinfarkt bei der Zählung nicht berücksichtigt würden. Das Ministerium plant nach Angaben einer Sprecherin keine Änderung der Kriterien für die Statistik.

Fakten

Lauterbach erklärte in der Bundespressekonferenz am 14. Oktober 2022, die Zahl der Todesfälle aufgrund von Corona werde unterschätzt. Unter anderem, weil eine Infektion «für ein ganzes Jahr» die Wahrscheinlichkeit erhöhe, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben. «Diese Leute kommen aber alle nicht in die Statistik. Derjenige, der jetzt Corona gehabt hat und sechs Monate später an einem Herzinfarkt stirbt, der kommt nie in die Corona-Statistik. Die müssen aber eigentlich auch gezählt werden, weil der Mensch wäre ohne die Infektion nicht gestorben», sagte er in der Pressekonferenz.

Dass der Gesundheitsminister plant, die Zählmethode der Statistik auch tatsächlich zu ändern, sagte er nicht. Am 28. Oktober sagte eine Sprecherin seines Ministeriums ebenfalls in der Bundespressekonferenz auf Nachfrage: «Es gibt keine Änderung der Kriterien.»

Tatsächlich decken sich Lauterbachs Ausführungen mit Stimmen aus der Wissenschaft und aus dem Klinik-Alltag. Zwar ist ein direkter Zusammenhang noch nicht abschließend bewiesen. Erste Studien deuten aber darauf hin, dass eine Corona-Infektion tatsächlich zu einem erhöhten Risiko führen könnte, auch noch nach einem Jahr an einem Herzinfarkt zu sterben. «Im ersten Jahr nach der Infektion ist das Risiko um 50 Prozent erhöht», sagte Thomas Nordt, der ärztliche Direktor der Kardiologie des Klinikums Stuttgart, dem Focus.

Das Robert Koch-Institut (RKI) nimmt in seine Statistik Covid-19-Todesfälle auf, bei denen ein laborbestätigter Corona-Nachweis vorliegt und die in Bezug auf diese Infektion verstorben sind. Das sind Menschen, die entweder eindeutig an der Infektion verstorben sind oder Personen mit Vorerkrankungen, «die mit Sars-CoV-2 infiziert waren und bei denen sich nicht abschließend nachweisen lässt, was die Todesursache war». Es liegt demnach im Ermessen des Gesundheitsamts, ob Todesfälle als Covid-19-Todesfälle an das RKI gemeldet werden.

(Stand: 28.10.2022)

Links

Riffreporter-Interview mit Pathologin Kirsten Mertz (archiviert)

Focus-Artikel über Herzinfarkt als mögliche Spätfolge einer Corona-Infektion (archiviert)

Studie über höhere Zahl an Herzinfarkten und möglicher Zusammenhang mit Corona-Infektion (archiviert)

Mittschnitt der Bundespressekonferenz vom 14. Oktober 2022 (archiviert)

RKI-Definition Corona-Todesfälle (archiviert)

dpa-Faktencheck zur RKI-Zählweise

dpa-Faktencheck zur Zählung der Todesfälle

dpa-Faktencheck zu Todesursachen und Corona-Statistik

Artikel mit Behauptung (archiviert)

Facebook-Post (archiviert)

Facebook-Post mit Link zu Artikel (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.