Unzulässige Verallgemeinerung: Aussage über Todesursachen bezieht sich nur auf kurzen Zeitraum

24.09.2021, 12:58 (CEST)

Seit dem Frühjahr 2020 meldet das Robert Koch-Institut (RKI) täglich die Zahl der an oder mit Covid-19 gestorbenen Menschen. Jetzt macht die Behauptung die Runde, dass laut einem offiziell verbreiteten Bericht 80 Prozent dieser Todesfälle nicht auf Corona zurückzuführen sind (archiviert). Ist das richtig?

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Die 80 Prozent beziehen sich lediglich auf den Zeitraum Juli/August 2021, nicht auf die gesamte Pandemie-Zeit. Der Mediziner, auf den diese Zahl zurückgeht, stellte klar, dass sie sich nicht verallgemeinern lässt.

Fakten

Die Behauptung, dass 80 Prozent der Corona-Todesfälle nicht an Covid-19 starben, geht auf ein Interview mit dem Mediziner Bertram Häussler zurück, das mit dem Zitat «Corona bei 80 Prozent der offiziellen Covid-Toten wohl nicht Todesursache» überschrieben ist.

Wörtlich heißt es darin: «Wir haben ermittelt, dass bei gut 80 Prozent der offiziellen Covid-Toten, die seit Anfang Juli gemeldet wurden, die zugrundeliegende Infektion schon länger als fünf Wochen zurückliegt und man daher eher davon ausgehen muss, dass Corona nicht die wirkliche Todesursache war.»

Die behaupteten 80 Prozent beziehen also sich nur auf einen kurzen Zeitraum, nämlich Juli und August 2021. In dieser Zeit gab es im Vergleich zu anderen Phasen nur sehr wenige Corona-Todesfälle. Auch sagt Häussler nicht, dass in diesen Fällen Corona nicht die Todesursache ist, sondern es eine erhöhte Gefahr gibt, dass eine andere Todesursache zugrunde liegen könnte.

Auf der Seite des IGES Pandemie Monitors, für den Häussler arbeitet, werden die Aussagen weiter erklärt. Es wird ausgeführt, dass von April bis Juli 2021 der Anteil der täglich gemeldeten Todesfälle, die fünf oder mehr Wochen vor der Todesmeldung als infiziert gemeldet wurden, von rund 20 auf mehr als 80 Prozent gestiegen sei. Daraus leitet das IGES die Gefahr einer Überschätzung der Sterbefallzahlen ab, weil eine andere Todesursache als die Corona-Infektion vorliegen könnte.

Häussler distanzierte sich auf Nachfrage des Faktencheck-Blogs «Volksverpetzer» von der Überschrift des Interviews. Sie sei «in ihrer Allgemeinheit falsch und würde von uns niemals so vertreten werden».

Das RKI nimmt in seine Statistik Covid-19-Todesfälle auf, bei denen ein laborbestätigter Corona-Nachweis vorliegt und die in Bezug auf diese Infektion verstorben sind. Das sind Menschen, die entweder eindeutig an der Infektion verstorben sind oder Personen mit Vorerkrankungen «die mit Sars-CoV-2 infiziert waren und bei denen sich nicht abschließend nachweisen lässt, was die Todesursache war». Es liegt demnach im Ermessen des Gesundheitsamts, ob Todesfälle als Covid-19-Todesfälle an das RKI gemeldet werden.

Falsche oder verzerrte Informationen über die RKI-Statistik sind immer wieder auf den sozialen Netzwerken im Umlauf. Die Deutsche Presse-Agentur hat beispielsweise bereits dargelegt, dass die Statistik nur laborbestätigte Corona-Fälle zeigt, und klargestellt, dass Verstorbene ohne Covid-19-Infektion nicht in die Statistik der Corona-Toten eingehen.

(Stand: 23.9.2021)

Links

Beitrag auf Facebook (archiviert)

Interview in der «Welt» (Bezahlschranke, archiviert)

Corona-Todesfälle (archiviert)

IGES Pandemie Monitor (archiviert)

«Volksverpetzer»-Faktencheck (archiviert)

RKI-Definition Corona-Todesfälle (archiviert)

dpa-Faktencheck zur RKI-Zählweise

dpa-Faktencheck zur Zählung der Todesfälle

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com