Antisemitische Verschwörungstheorie

Reuters gehört zum Medienkonzern Thomson Reuters – AP ist eine unabhängige Nachrichtenagentur

28.6.2022, 15:10 (CEST)

Die Besitzverhältnisse von Medienunternehmen könnten Einfluss auf die Berichterstattung haben. Daher werden sie immer wieder Thema von Spekulationen. Oft völlig grundlos, wie im Fall der Nachrichtenagenturen Reuters und Associated Press (AP).

Die jüdische Familie Rothschild ist regelmäßig antisemitischer Hetze ausgesetzt. Dieses Mal geht es um ihren vermeintlich riesigen Einfluss auf die Medien: Ein Familienmitglied besitze angeblich die Nachrichtenagentur Reuters - und Reuters besitze wiederum die Nachrichtenagentur Associated Press (hier archiviert).

Bewertung

Das ist falsch. Reuters gehört zum Medienkonzern Thomson Reuters. Associated Press (AP) ist eine unabhängige Nachrichtenagentur, sie gehört US-amerikanischen Zeitungen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

Fakten

Die Rothschilds sind eine jüdische Bankiersfamilie, die im europäischen Bankengeschäft großen Einfluss hatte und vor allem im 19. Jahrhundert wirtschaftlich sehr erfolgreich war. Mit den Nachrichtenagenturen Reuters und Associated Press (AP) hat sie jedoch nichts zu tun.

Reuters ist Teil von Thomson Reuters. Der Medienkonzern entstand 2008 mit der Übernahme der Nachrichtenagentur durch die kanadische Thomson Corporation. Wie sich dem Geschäftsbericht von 2021 entnehmen lässt, hält die Woodbridge Company Limited etwa 67 Prozent der Stammaktien des Unternehmens. Das Unternehmen ist die Beteiligungsgesellschaft der Familie Thomson. David Thomson ist Vorstand beider Firmen. Die Liste der zehn größten Aktionäre von Thomson Reuters ist auf der Finanznachrichten-Webseite «MarketScreener» einsehbar - darunter ist kein Mitglied der Familie Rothschild.

Im jährlichen Bericht von Thomson Reuters wird zudem erwähnt, dass Associated Press einer der Hauptkonkurrenten von Reuters sei. Besäße Reuters die AP, stünden die beiden Nachrichtenagenturen nicht in einem Konkurrenzverhältnis zueinander. AP ist also weder im Besitz von Reuters noch der Rothschilds.

Das International Fact-Checking Network erläutert, dass es sich bei AP um eine unabhängige gemeinnützige Nachrichtenorganisation handelt, die US-amerikanischen Zeitungen und Rundfunkanstalten gehört. Die US-Agentur gab gegenüber den Faktencheckern von «Check Your Fact» und «Full Fact» an, dass Reuters nichts mit ihr zu tun habe.

Eine Pressesprecherin von Reuters bestätigte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage, dass Reuters eine unabhängige Nachrichtenorganisation sei und als Teil des Medienkonzerns Thomson Reuters agiere, das sich zum Großteil im Besitz der Woodbridge Company befinde. «Reuters und Thomson Reuters stehen in keinerlei Verbindung mit der Familie Rothschild», so die Sprecherin.

Mehrere dpa-Faktenchecks (etwa dieser und dieser) sowie ein Bericht der EU-Kommission über Antisemitismus zeigen, dass über die Familie Rothschild und deren Namen regelmäßig antisemitische Verschwörungserzählungen verbreitet werden - etwa dass eine Elite im Geheimen das Weltgeschehen kontrolliere.

(Stand: 27.6.2022)

Links

Über die Familie Rothschild (archiviert)

archivierte Pressemitteilung Thomson Reuters (2008)

Geschäftsbericht Thomson Reuters von 2021 (archiviert)

Thomson Reuters-Webseite (archiviert)

Auflistung der Aktionäre von Thomson Reuters (archiviert)

Webseite des International Fact-Checking Networks (archiviert)

«Check Your Fact»-Faktencheck (archiviert)

«Full Fact»-Faktencheck (archiviert)

Bericht der EU-Kommission über Anstieg von Antisemitismus online während Corona-Pandemie (archiviert)

Landeszentrale Baden-Württemberg zu (antisemitischen) Verschwörungserzählungen (archiviert)

Facebook-Post mit Falschbehauptung (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.