Daten falsch interpretiert: Keine Pandemie durch Covid-Impfstoffe

23.12.2021, 11:58 (CET)

Viele Menschen suchen nach einem Grund für die Corona-Pandemie. Zwei bei Facebook geteilte Tabellen sollen angeblich den Beweis dafür liefern, dass die «wahre Pandemie» mit einem Impfstoff komme (archiviert). Links wird die Gesamtzahl der Todesfälle der vergangenen sieben Jahre gezeigt, die in der Schweiz registriert wurden. In der zweiten Tabelle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) steht in der Zeile bei den Covid-19-Vakzinen unter «Total ADRs» die mit Abstand höchste Zahl. Sind die Zahlen ein Beweis für die Behauptung?

Bewertung

Die Zahlen wurden falsch interpretiert. In der WHO-Datenbank sind keine erwiesenen Impfschäden, sondern lediglich Verdachtsmeldungen aufgeführt. Daraus lässt sich ebenso wenig ein kausaler Zusammenhang mit der Pandemie ableiten wie aus der Summe der Todesfälle in der Schweiz.

Fakten

Datenbank der WHO erfasst Verdachtsmeldungen von Nebenwirkungen in einem zeitlichen Zusammenhang mit einem Arzneimittel

In der Grafik der WHO sind Arzneimittel gegen 24 unterschiedliche Krankheiten einschliesslich der dazu gemeldeten ADR (Adverse Drug Reactions/Unerwünschte Arzneimittelwirkungen) aufgelistet. Dabei entfallen mit etwa 2,5 Millionen die meisten unerwünschten Wirkungen auf die Impfstoffe gegen das Sars-CoV-2-Virus.

Die WHO als Betreiberin der Datenbank VigiAccess betont auf ihrer Webseite, dass dabei mögliche Nebenwirkungen, die mit der Einnahme eines Arzneimittels beobachtet wurden, registriert werden. Die Datensätze bestätigen keinen Zusammenhang zwischen den beobachteten Symptomen und dem Arzneimittel.

Es handelt sich lediglich um Verdachtsmeldungen. Sie geben keine Auskunft über die Sicherheit eines Arzneimittels. Erwiesene Impfschäden sind nicht in der WHO-Datenbank zu finden. Dazu publizierte die Deutsche Presse-Agentur (dpa) bereits einen Faktencheck.

Anzahl der Todesfälle hängt auch von Massnahmen gegen Pandemie ab

Die Anzahl der Todesfälle in der Schweiz im Jahr 2021 unterscheidet sich nicht markant von der Anzahl der Todesfälle im Vergleichszeitraum der vergangenen sechs Jahren. Auch die in der Tabelle aufgeführte Einwohnerzahl stimmt in etwa mit den Angaben des Bundesamts für Statistik überein.

Die Zahl der Todesfälle muss während einer Pandemie nicht ansteigen, wenn die Bevölkerung geschützt wird. Mehrere Studien bestätigen die Wirksamkeit der getroffenen Massnamen in der Pandemiebekämpfung. Die Covid-Vakzine schützten vor schweren oder gar tödlichen Verläufen. Auch die behördlich angeordneten nicht-pharmazeutischen Massnahmen trugen zur Senkung der Fallzahlen bei.

Die Gesundheitsbehörde der USA (Link ->;;;;;;;;;;;;;;;;;;;; «Vaccine Effectiveness and Breakthrough Surveillance» ->;;;;;;;;;;;;;;;;;;;; «Rates of COVID-19 Cases and Deaths by Vaccination Status») schrieb im Oktober, das Risiko, an einer Sars-CoV-2-Infektion zu sterben, sei bei Ungeimpften 14-mal höher. Das Tragen einer Maske verringere eine Virusinfektion um 30 Prozent oder mehr, schrieb das Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME).

Durch diverse Massnahmen und in ihrer Kombination konnten Infektionen verhindert werden. Trotzdem registrierten auch die Schweizer Behörden in gewissen Perioden eine deutliche Übersterblichkeit.

Wie bereits in einem anderen Faktencheck widerlegt wurde, ist die Anzahl Todesfälle in der Schweiz kein Parameter für die Definition einer Pandemie.

Die Verbreitung von Sars-CoV-2 erfüllt die Merkmale einer Pandemie

Eine wachsende und anhaltende Mensch-zu-Mensch-Übertragung eines neuen Erregers, gegen den die meisten nicht immun sind und die gesamte Weltbevölkerung gefährdet, macht eine Pandemie gemäss WHO aus. Wenn in einem kurzen Zeitraum sehr viele Menschen an diesem Erreger erkranken, kann das Gesundheitssystem eines Staates überlastet werden, auch wenn der Erreger mehrheitlich einen milden Krankheitsverlauf verursacht.

Faktoren wie Übertragungsrate, geografische Lage, Schweregrad der Erkrankung und weitere wissenschaftliche Parameter werden gemäss WHO bei der Lagebeurteilung berücksichtigt. Der Notfallausschuss der WHO stufte im Oktober 2021 die Verbreitung von Sars-CoV-2 unverändert seit dem ersten Ausruf am 11. März 2020 als gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ein.

Die Covid-19-Vakzine lösen keine Pandemie aus. Beobachtungen ergaben, dass mit fortschreitender Impfkampagne und der Vergabe der Boosterdosis die Todesfälle im Zusammenhang mit Sars-CoV-2 sanken.

(Stand:22.12.2021)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Facebook-Post mit Daten der WHO (archiviert)

Facebook-Post mit Daten des BFS (archiviert)

WHO: Datenbank VigiAccess (archiviert)

WHO: Rolle der WHO während einer Pandemiesituation (archiviert)

WHO: Definition Pandemie, 24.02.2021 (archiviert)

WHO: Ausbruch von Covid-19 (archiviert)

WHO: 9. Statement zu Covid-19, 26.10.2021 (archiviert)

BFS: Statistische Daten zu Todesfällen, 23.11.2021 (Download) (archiviert)

BFS: Todesursache, Woche 45 (archiviert)

BFS: Statistische Daten der ständigen Wohnbevölkerung, 1861-2020 (Download) (archiviert)

CDC: Todesfälle nach Impfstatus (archiviert)

IHME: Verlaufsprognose Schweiz (archiviert)

The Lancet: Studie über die Wirksamkeit der Maske, 01.06.2020 (archiviert) DOI

The New England Journal for Medicine: Zur Wirksamkeit der Covid-19-Impfung, 15.04.2021 (archiviert) DOI

Studie zur Wirksamkeit der Covid-Impfstoffe gegen Mutationen (archiviert) DOI

BAG: Definition Epidemie und Pandemie, 20.12.2018 (archiviert)

RKI: Pandemie-Definition (archiviert)

dpa-Faktenchecks:

Sars-CoV-2-Ausbruch erfüllt Kriterien einer Pandemien

WHO-Datenbank gibt keine Auskunft über erwiesene Impfschäden

Zahlen falsch interpretiert: Grafik zeigt nur Corona-Tote

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