Früherer Bundespräsident

Kanal auf Telegram verbreitet Fake-Zitat von Joachim Gauck

18.2.2025, 12:22 (CET)

Seit einigen Wochen machen in sozialen Netzwerken vermeintliche Zitate von Politikerinnen und Politikern die Runde. Oft werden sie mit dem Hinweis «JUST IN» eingeleitet - doch der Inhalt ist erfunden.

Kurz vor der Bundestagswahl 2025 kursiert in sozialen Netzwerken ein vermeintliches Zitat des früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck. Einem viralen Sharepic zufolge habe Gauck in einem Interview gesagt: «Die AfD und deren Kernwählerschaft sind geisteskranke Arschlöcher. So deutlich muss ich werden (...).» Hat sich der ehemalige Bundespräsident (2012 bis 2017) wirklich so über die Alternative für Deutschland geäußert?

Bewertung

Falsch. Das Zitat ist erfunden. Das bestätigte Gaucks Büro auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Fakten

Das Zitat soll angeblich in einem Interview gefallen sein. Doch mit einer Google-Suche nach dem Wortlaut lassen sich nur Posts auf Facebook finden, die keine Quelle angeben, sondern das Fake-Zitat weiterverbreiten. Auch in der Pressedatenbank Genios lassen sich keine Treffer finden.

Die Deutsche Presse-Agentur hat daher beim Büro des früheren Bundespräsidenten Gauck nachgefragt. Ein Sprecher bestätigte, dass es sich um ein Fake-Zitat handele. Die Aussage ist frei erfunden.

Die ihm unterstellten Worte passen nicht zu Gaucks jüngeren Aussagen. Erst im Januar hatte er sich angesichts der Bundestagswahl zur AfD-Wählerschaft geäußert. Er sei überzeugt, dass sich AfD-Wähler «zurückholen lassen». Wenn man die «Nazis herausnehme», bestehe die Mehrheit der AfD-Wählerschaft aus Leuten, «die unzufrieden mit dem liberalen System sind und sich von einem autoritären Führungsstil und rückwärtsgewandten Vorstellungen bessere Lösungen versprechen», sagte er der «Welt am Sonntag». «Aber diese Menschen lassen sich zurückholen, wenn sie erkennen, dass unsere Demokratie die Probleme lösen oder zumindest entscheidend verringern kann.»

Telegram-Kanal verbreitet Fake-Zitate von Repräsentanten des Staates

Es ist nicht das erste Fake-Zitat dieser Art: In den vergangenen Wochen sind online mehrere ähnliche Fakes aufgetaucht, die Repräsentanten des Staates erfundene Aussagen in den Mund legen. So wurden nach der tödlichen Attacke auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sowie der SPD-Politikerin Saskia Esken falsche Aussagen zugeschrieben. Auch Gaucks Nachfolger im Amt des Bundespräsidenten, Frank-Walter Steinmeier, ist betroffen, zeigt ein dpa-Faktencheck.

Auffällig ist: Die erfundenen Zitate ähneln sich in der Machart. Wie schon bei Esken und Steinmeier wurde auch die Fake-Gauck-Aussage mit dem Hinweis «JUST IN» (deutsch: Eilmeldung) eingeleitet. In einigen Beiträgen mit dieser Art von Fake-Zitaten wird zu einem Kanal auf der Plattform Telegram verlinkt.

Der Kanal ist offenbar der Urheber der Fakes. Er beginnt viele seiner Beiträge mit dem erwähnten Hinweis «JUST IN». Zudem lassen sich die zuvor kursierenden Fälschungen dort wiederfinden (hier, hier, hier und hier).

(Stand: 17.2.2025)

Links

Google-Suche nach Zitat (archiviert)

Suche in Pressedatenbank Genios (archiviert)

dpa-Meldung zum Interview via «Welt» (archiviert)

Gauck-Gespräch mit der «Welt am Sonntag» (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Fake-Zitat von Kretschmann

dpa-Faktencheck zu Fake-Zitat von Esken

dpa-Faktencheck zu Fake-Zitat von Steinmeier

Telegram-Kanal (archiviert)

archivierte Fake-Zitate bei Telegram I, II, III und IV

Facebook-Post (archiviert / archiviertes Sharepic)

Facebook-Post 2 (archiviert)

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