Altes Foto aus Schweden
Umweltbundesamt weist Behauptung zur Windradenteisung zurück
26.12.2023, 09:05 (CET)
Ein vereistes Windrad, daneben ein Hubschrauber, der eine Flüssigkeit auf die Rotorblätter sprüht: Das Foto, das derzeit in sozialen Medien die Runde macht, gibt Raum für Spekulationen. Aber ist darauf wirklich der Einsatz von Chemikalien zur Enteisung von Windrädern in Deutschland zu sehen, wie behauptet wird?
Bewertung
Nein. Das Foto wurde vor Jahren in Schweden bei der Enteisung eines Windrades mit heißem Wasser aufgenommen. In Deutschland werden Windräder üblicherweise nicht enteist. Der Einsatz von Chemikalien wäre genehmigungspflichtig. Derartige Anträge oder Einsätze sind allerdings nicht bekannt, heißt es vom Umweltbundesamt.
Fakten
Per Fotorückwärtssuche gelangt man auf die Beiträge skandinavischer Technikmagazine. «Ny Teknik» aus Schweden und «Teknisk Ukeblad» aus Norwegen veröffentlichten bereits im Jahr 2015 Berichte über neue Möglichkeiten, Windkraftanlagen zu enteisen.
Foto zeigt Heißwasserdusche in Schweden
Beschrieben wurde ein Verfahren in Schweden, bei dem zugefrorene Windräder per Heißwasserdusche aufgetaut werden. Das heiße Wasser wurde von Helikoptern auf die Rotorblätter gesprüht. Für ein Windrad benötige man etwa anderthalb Stunden, wurde ein Verantwortlicher zitiert. Chemikalien kamen dabei nicht zum Einsatz.
Das nun verbreitete Bild stammt ebenfalls nicht aus Deutschland. Den Angaben bei «Ny Teknik» zufolge wurde es nahe der Gemeinde Arjeplog in der Provinz Norrbottens län in Nordschweden aufgenommen. Die Winter in der Region sind deutlich kälter als in Deutschland. Laut schwedischem Wetterdienst lagen die Temperaturen in Arjeplog am 22. Dezember 2023 tagsüber bei bis zu minus 15 Grad. Zum Vergleich: In Hamburg lagen sie zur gleich Zeit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge bei plus 4 Grad.
Keine Anträge auf Enteisung in Deutschland
Derartige Enteisungseinsätze sind zudem in Deutschland laut Umweltbundesamt nicht bekannt. «Wenn es einen Einsatz von Hubschraubern und Chemikalien zur Enteisung von Windrädern überhaupt als Methode geben würde, müssten die Betreiber das im Rahmen der Genehmigung beantragen - so, wie sie etwa auch die Löschmittel für den Brandschutz beantragen müssen. Solche Anträge sind uns aber überhaupt nicht bekannt», sagte eine Behördensprecherin der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Das Foto hatte bereits im Jahr 2021 mit falschen Aussagen versehen die Runde gemacht. Die dpa hatte die Behauptungen hier widerlegt. Damals erklärte auch der Bundesverband Windenergie, dass die Praxis in Deutschland nicht angewendet werde. Bei normalen Wetterlagen komme es in Deutschland im Winter kaum vor, dass Anlagen vereisten. Das Umweltbundesamt bestätigte nun, dass sich am Sachstand bis heute nichts geändert habe.
(Stand: 22.12.2023)
Links
Behauptung bei Facebook, archiviert
Beitrag bei Ny Teknik, archiviert
Beitrag bei Teknisk Ukeblad, archiviert
Deutscher Wetterdienst zum Wetter in Hamburg, archiviert
Schwedischer Wetterdienst zum Wetter in Arjeplog, archiviert
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