Zum Thema Ukraine

Außenministerin Baerbock wird falsches Zitat in den Mund gelegt

02.09.2022, 14:26 (CEST), letztes Update: 02.09.2022, 14:57 (CEST)

Wegen eines Nebensatzes ist Annalena Baerbock in die Kritik geraten. Doch im Zuge der Diskussion um ihre Aussagen wird auch ein falsches Zitat verbreitet, das die Ministerin nie gesagt hat.

Annalena Baerbock (Grüne) ist insbesondere seit ihrer Kanzlerkandidatur regelmäßig Ziel von gezielt gestreuter Desinformationen. Nun verbreiten sich im Internet falsche Behauptungen zu ihren Äußerungen bei einer Podiumsdiskussion in Prag. In einem Artikel wird behauptet, die Außenministerin habe wörtlich gesagt: «Ich werde die Ukraine an die erste Stelle setzen, egal was meine deutschen Wähler denken oder ob sie demonstrieren: die Sanktionen bleiben auch im Winter.»

Bewertung

Dieses Zitat ist falsch. Baerbock hat nicht gesagt, dass sie die Ukraine «an die erste Stelle» setzen würde, sondern dass sie solidarisch mit den Menschen in Deutschland bleibe, «genau wie mit jedem in der Ukraine».

Fakten

Annalena Baerbock sprach am Mittwoch auf der Konferenz «Forum 2000» in Prag, bei der unter anderem der Krieg in der Ukraine und die Energiepolitik Thema waren. An keiner Stelle sagte sie, die Ukraine «an die erste Stelle setzen» zu wollen oder dass es ihr egal sei, wenn deutsche Wähler demonstrieren.

Auch im Transkript des Mitschnitts findet sich keine Formulierung wie «in the first place». Hier wurden Halbsätze ergänzt, die ihre Worte verfälschen. Richtig lautet der Wortlaut:

«Denn wenn ich als Politikerin das Versprechen gebe - und glücklicherweise gibt es in einer Demokratie die Möglichkeit, dass die Leute mir widersprechen und in vier Jahren sagen: "Sie haben uns nicht die Wahrheit gesagt" - aber wenn ich dieses Versprechen an die Ukrainer gebe: "Wir stehen so lange an eurer Seite, wie Ihr uns braucht", dann möchte ich auch liefern, egal was meine deutschen Wähler denken, aber ich möchte für die ukrainische Bevölkerung liefern.» (im Video etwa ab Minute 1:24:30)

Zur Frage, wie lange die Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten werden sollten, sagte die Außenministerin:

«Und wir haben nun die Winterzeit vor uns, wo wir als demokratische Politiker vor der Herausforderung stehen, dass die Bürger auf die Straße gehen werden und sagen: "Wir können unsere Energierechnungen nicht mehr bezahlen". Und ich sage: "Ja ich weiß, deshalb helfen wir euch mit Sozialmaßnahmen". Aber ich will nicht sagen: "Ok, dann stoppen wir die Sanktionen gegen Russland".» (im Video etwa ab Minute 1:25:50)

Schließlich fasst sie zusammen - und sagt im Gegensatz zu dem Falschzitat:

«Wir bleiben solidarisch mit jedem in unserem Land, genau wie mit jedem in der Ukraine.» (im Video etwa ab Minute 1:26:36)

Annalena Baerbock wurden schon mehrfach falsch zitiert. So wurde eine Aussage zum Stromsparen frei erfunden und ein Zitat zur Energiekrise in einem falschen Kontext verbreitet.

(Stand: 2.9.2022)

Links

Artikel mit falschem Zitat (archiviert)

Mitschnitt der Podiumsdiskussion

Ausschnitt der Aussagen (archiviert)

Zur Konferenz (archiviert)

Post (archiviert)

dpa-Faktencheck (1)

dpa-Faktencheck (2)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.