Nicht vergleichbar

Farben auf Wetterkarten stehen nicht immer für Temperaturen

14.06.2022, 12:04 (CEST)

Der Vorwurf hält sich hartnäckig: Wegen des Klimawandels würden Medien Wetterkarten rot färben. Das ist Quatsch. Warum die Karten von Deutschland und Schweden nicht vergleichbar sind, lesen Sie hier.

Zur Sommerzeit kursieren immer wieder altbekannte Falschbehauptungen: In den sozialen Medien werden zwei Sharepics verbreitet, die jeweils zwei nebeneinanderliegende Wetterkarten mit ähnlichen Temperaturen zeigen. Der Unterschied: In beiden Fällen ist eine der Karten grün, die andere ist hingegen rot bzw. orange. Das erste Sharepic soll ARD-Wetterkarten, das zweite Bild Wetterkarten aus Schweden zeigen.

In den Beiträgen heißt es unter anderem: «Früher nannten sie es Sommer, heute färben sie die Karte rot und nennen es extreme Hitze» oder «Auch eine ganz normale Wetterkarte kann uns manipulieren. Das Wetter vom 2. Juni 1986 im Vergleich zum 2. Juni 2022». Die User behaupten, die Wetterkarten würden von Medien manipuliert und rot gefärbt, um mit Blick auf die Klimakrise Panikmache zu betreiben.

Bewertung

In beiden Sharepics sind die Karten nicht miteinander vergleichbar. Die ARD-Karten zeigen unterschiedliche Sachverhalte - einmal eine Wettervorhersage und einmal eine Temperaturkarte. Bei der schwedischen Version sind die Jahreszahlen falsch angegeben. Die Karten stammen zudem von zwei unterschiedlichen Medien, die verschiedene Farben nutzen.

Fakten

Das Sharepic mit den Wetterkarten der ARD wird immer wieder in den sozialen Netzwerken verbreitet - in teils abgewandelten Versionen. Die dpa hat zu diesem Bild bereits mehrere Faktenchecks (etwa 2019 oder 2020) veröffentlicht.

Bei der Grafik von 2009 handelt es sich um eine allgemeine Wettervorhersage für einen der darauffolgenden Tage. Neben den Temperaturen wird angezeigt, ob der Himmel bedeckt ist oder die Sonne scheint. Auf dieser Karte sind deshalb Wolken und die Sonne zu sehen. Der Hintergrund ist grün und bräunlich dargestellt. Es handelt sich um eine sogenannte physische Karte. Mit der jeweiligen Einfärbung wird dabei die Höhe über dem Meeresspiegel angegeben. Mittlerweile hat die ARD die Farbgebung der Wetter-Aussichten geändert und verwendet als Hintergrund nur noch Grüntöne.

Bei der Karte von 2019 handelt es sich um eine Temperaturkarte. Darauf lässt sich nicht ablesen, ob es bewölkt ist oder die Sonne scheint. Sie stellt eine Übersicht über die Temperaturen für einen bestimmten Tag dar.

Die Farbskalen für die Temperaturkarten werden in regelmäßigen Abständen je nach Jahreszeit und Temperaturen angepasst, erklärte Silke Hansen, Leiterin des ARD-Wetterkompetenzzentrums, bereits 2020 auf dpa-Nachfrage. «Wir versuchen die Temperaturen so zu färben, wie man es um die jeweilige Jahreszeit erwartet», teilte Hansen mit. Im Sommer etwa seien 15 Grad Celsius eher kühl und würden dementsprechend in kühleren Farben dargestellt. Im Januar seien 15 Grad Celsius hingegen eher mild und würden mit wärmeren Farben präsentiert.

Auch der ARD-«Faktenfinder» hat sich mit dem Vorwurf der Manipulation der Wetterkarten beschäftigt. Wie in einer Tagesschau aus dem Juni 1999 zu sehen ist, wurden bereits damals Temperaturen unter 30 Grad Celsius in Rot dargestellt (ab Minute 15:56).

Jahreszahlen auf schwedischen Karten falsch

Die schwedischen Wetterkarten aus dem zweiten Sharepic wurden bei Twitter bereits 2021 verbreitet. Auffällig: Hier waren die Jahreszahlen noch mit 2011 und 2021 angegeben. Die Kartenausschnitte zeigen zudem einen größeren Bereich. So erkennt man in der oberen linken Bildecke der linken Karte die Aufschrift «idag kl 14» (auf Deutsch: «heute um 14 Uhr»).

In einem weiteren Tweet findet man eine größere Auflösung der Karten. Mithilfe einer Bilderrückwärtssuche lässt sich herausfinden: Die linke Karte wurde am 21. Juli 2016 für die Wettervorhersage vom schwedischen öffentlich-rechtlichen TV-Sender SVT veröffentlicht. Die Karten sind identisch. Die Wettersymbole, die Temperaturen und der Buchstabe «H» in der Mitte der Karte stimmen überein. Die Karte stammt also nicht von 1986.

In dem erwähnten Tweet ist auch die rechte Karte in einem größeren Ausschnitt und in größerer Auflösung zu finden. Darauf sind die Aufschriften «14.00 Fredag» («14.00 Uhr Freitag») sowie «maxtemperatur» («maximale Temperatur») lesbar. Auf der Karte sind nur Temperaturen, aber keine Wettersymbole abgebildet. Demnach handelt es sich um eine Temperaturkarte. In der oberen rechten Bildecke ist die Ziffer «4» erkennbar, bei der es sich um ein Logo handeln könnte. Außerdem sieht man auf dem Bild eine Wettermoderatorin.

Mit diesen Hinweisen lässt sich die Herkunft der Karte bestimmen: Bei der «4» handelt es sich um das Logo des privaten schwedischen TV-Senders TV4, die Frau ist die Wettermoderatorin Madeleine Westin. Durchsucht man das Archiv der TV4-Wetterberichte, so findet man die rechte Karte: Sie stammt aus einem Wetterbericht vom 13. August 2021 (ab Minute 1:07). Die abgebildeten Temperaturen sind exakt dieselben wie auf der Karte in den Sharepics. Auch das Outfit der Moderatorin (blaues Kleid mit zwei Ketten) stimmt überein. Die Jahreszahl «2022» im Sharepic ist also falsch.

Wie in einem früheren TV4-Wetterbericht vom 21. Juli 2021 zu sehen ist, verwendet der Sender die orange Farbe auch bei niedrigeren Temperaturen.

(Stand: 13.6.2022)

Links

Facebook-Post 1 (archiviert)

Facebook-Post 2 (archiviert)

dpa-Faktencheck von 2019

dpa-Faktencheck von 2020

ARD-"Faktenfinder" über Wetterkarten (archiviert)

Tagesschau vom Juni 1999 (archiviert)

Tagesschau Wetter-Aussichten (archiviert)

schwedischer Tweet 1 (archiviert)

schwedischer Tweet 2 (archiviert)

SVT-Wettervorhersage vom 21. Juli 2016 (archiviert)

Faktencheck AFP (archiviert)

Website TV-Sender TV4

Madeleine Westin auf TV4 (archiviert)

TV4-Wetterbericht vom 13. August 2021

TV4-Wetterbericht vom 21. Juli 2021

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.