Wetterkarten werden nicht dramatisiert

28.07.2020, 10:36 (CEST)

Ein Beitrag in sozialen Netzwerken zeigt untereinander drei Wetterkarten. Die obere Karte (ARD, angeblich aus dem Jahr 2009) stellt die Temperaturen ohne farbliche Unterlegung dar. Die Karte in der Mitte (ARD, 2019) zeigt Temperaturen von weniger als 30 Grad auf rotem Grund. Die untere Karte (angeblich aus dem Jahr 2020) wird ebenso den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF zugeschrieben. Im Kommentar zu der Fotocollage heißt es: «Dreist ist die visuell-dramatische Unterstützung auf den Wetterkarten.»

BEWERTUNG: Anders als im Text zum Bild angegeben, ist die untere Karte weder von der ARD noch vom ZDF, sondern von RTL. Die oberen beiden ARD-Karten zeigen unterschiedliche Sachverhalte und lassen sich nicht vergleichen. Auf reinen Temperatur-Karten unterlegte die ARD schon zum Beispiel 1999 teilweise Temperaturen von weniger als 30 Grad Celsius mit roter Farbe. Auch RTL hat eigenen Angaben nach klare Farbzuordnungen je nach Temperatur.

FAKTEN: Die obere Grafik von der ARD ist eine allgemeine Wettervorhersage für darauffolgende Tage. Neben den Temperaturen wird auch angezeigt, ob etwa der Himmel bedeckt ist - deshalb sind Wolken und die Sonne zu sehen.

Der Hintergrund ist grün und bräunlich. Es handelt sich um eine sogenannte physische Karte, bei der mit der jeweiligen Einfärbung die Höhe über dem Meeresspiegel angegeben wird. Mittlerweile hat die ARD die Farbgebung der Wetterkarte nach eigenen Angaben geändert und verwendet als Hintergrund nur noch Grüntöne.

Die Karte in der Mitte - ebenfalls ARD - hingegen zeigt nicht, ob es bewölkt ist oder die Sonne scheint, sondern allein die Temperaturen für einen bestimmten Tag. Beispielsweise wurden bereits im Sommer 1999 dabei Temperaturen von weniger als 30 Grad in Rottönen angezeigt.

Die Farbskalen für die Untermalung der Temperaturen werden in regelmäßigen Abständen je nach Jahreszeit und Temperaturen angepasst, erklärte Silke Hansen, Leiterin des ARD-Wetterkompetenzzentrums der Deutschen Presse-Agentur. «Wir versuchen die Temperaturen so zu färben, wie man es um die jeweilige Jahreszeit erwartet», wie Hansen erklärte. Im Sommer etwa seien 15 Grad Celsius eher kühl und würden dementsprechend in kühleren Farben dargestellt - im Januar seien 15 Grad Celsius hingegen eher mild und würden demnach mit wärmeren Farben präsentiert. «Wir haben nichts geändert, das machen wir seit mehr als 20 Jahren so», sagte sie.

Auch der ARD-«Faktenfinder», das Verifikationsteam des Senderverbunds, hat sich mit diesem Vorwurf der Manipulation schon beschäftigt. Das System der Temperatur-Farben hat sich demnach im Laufe der Jahre bei den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten nicht geändert. Sie verweisen etwa auf eine «Tagesschau» vom Juni 2009 - mit gleicher Farbgebung.

Die untere Wetterkarte zeigt einen Wettertrend von RTL. Der Screenshot sei aber «definitiv mehr als zehn Jahre alt und nicht aus diesem Jahr», sagte der RTL-Wettermoderator und Leiter der Wetterredaktion, Christian Häckl, der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage. Er konnte sich selbst auf der Aufnahme als Moderator wiedererkennen. Häckl zufolge werden Temperaturen nicht «visuell-dramatisch» unterstützt, wie es in dem Post behauptet wird. Stattdessen gebe es feste Regeln: Ab 20 Grad Celsius werde die entsprechende Region auf der Karte gelb eingefärbt, ab 25 Grad Celsius orange, ab 30 Grad Celsius rot. «Das ist ganz klar vorgegeben», sagte Häckl.

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Links:

Beitrag: https://www.facebook.com/KonradsErben/photos/a.336758213347942/1187904978233257 (archiviert: http://dpaq.de/Nsi5R)

Tagesschau vom 1. Juni 1999: https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-545713.html

Tagesschau vom 28. Juli 1999, archiviert: https://shorturl.at/ozKU6

ARD-«Faktenfinder» über Wetterkarten: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/wetterkarten-tagesschau-101.html (archiviert: http://archive.ph/kjRG6)

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