130 000 Menschen gestorben: Italien korrigiert die Zahl der Corona-Toten nicht nach unten

19.11.2021, 18:45 (CET), letztes Update: 22.11.2021, 14:12 (CET)

Mit den Schreckensbildern aus Bergamo fing es an, inzwischen sind Zehntausende Menschen in Italien aufgrund einer Corona-Erkrankung gestorben. Zumindest wurde das lange so von offizieller Seite kommuniziert. Wurde die Zahl der Corona-Toten in Italien nun nach neuen Erkenntnissen tatsächlich drastisch nach unten korrigiert, wie es in einem Facebook-Post behauptet wird? (archiviert)

Bewertung

Falsch. In Italien sind mehr als 130 000 Corona-Patienten infolge der Krankheit gestorben. Diese Zahl wurde nicht nach unten korrigiert.

Fakten

In Italien sind seit Beginn der Pandemie mehr als 130 000 Menschen an Corona gestorben. Nicht alle davon waren vor ihrer Corona-Erkrankung vollkommen gesund. Laut einem Bericht des Istituto Superiore di Sanità (ISS) - dem Forschungsinstitut des italienischen nationalen Gesundheitsdienstes - hatten nur 2,9 Prozent dieser verstorbenen Corona-Patienten keine Begleit- oder Grunderkrankung.

Die italienische Zeitung «Il Tempo» schlussfolgert daraus fälschlicherweise, dass nur diese 2,9 Prozent - also 3783 Corona-Patienten - tatsächlich an Covid-19 starben. Dies steht so aber an keiner Stelle im ISS-Bericht. Einer der Autoren des Berichts, Graziano Onder, sagt in der italienischen Zeitung «La Repubblica» vielmehr: «Die Interpretation der Daten ist falsch.» Demnach waren viele der Patienten zwar vorerkrankt, aber meist bei guter Gesundheit, sodass sie noch einige Jahre hätten leben können.

Vorerkrankungen können das Risiko erhöhen, schwer an Covid-19 zu erkranken und in Folge auch zu sterben. Meist sind sie aber nicht die unmittelbare Ursache für den Tod, wie verschiedene Untersuchungen zeigen.

Laut dem ISS-Bericht war die häufigste Grunderkrankung, die die in Italien gestorbenen Corona-Patienten hatten, Bluthochdruck (65,8 Prozent), gefolgt von Diabetes (29,3 Prozent), ischämischer Herzkrankheit (28,0 Prozent), Vorhofflimmern (24,8 Prozent) und Demenz (23,5 Prozent). «Außer in seltenen dramatischen Situationen führt Bluthochdruck nicht zum Tod», sagt Onder der Zeitung «La Repubblica». Unter den Vorerkrankungen seien viele Krankheiten, mit denen man noch jahrzehntelang leben könne. Die Mehrheit dieser Menschen mit Vorerkrankungen ist also sehr wohl an Corona verstorben.

In den sozialen Netzwerken wird immer wieder fälschlicherweise behauptet, dass Corona-Patienten an ihren Vorerkrankungen und nicht an Covid-19 sterben. Die Deutsche Presse-Agentur hat dies bereits in mehreren Faktenchecks thematisiert.

(Stand: 18.11.2021)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Corona-Tote in Italien (nicht archivierbar)

Statista zur Zahl der Corona-Toten in Italien (archiviert)

ISS-Bericht (archiviert)

Über das ISS (archiviert)

«Il Tempo»-Artikel (archiviert)

«La Repubblica»-Artikel (Bezahlschranke, archiviert)

RKI zu Vorerkrankungen und Corona (archiviert)

Gesundheitsministerium zu Vorerkrankungen (archiviert)

UKE-Untersuchung zu Vorerkrankungen (archiviert)

Bundesverband Deutscher Pathologen zu Vorerkrankungen (archiviert)

Untersuchung aus Italien zu Vorerkrankungen (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Todesursachen 1

dpa-Faktencheck zu Todesursachen 2

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