Ansteckungen durch Viren sind möglich
7.10.2021, 17:50 (CEST)
Verantwortlich für die aktuelle Pandemie ist das nur etwa 80 bis 140 Nanometer kleine Coronavirus. Doch es gibt Menschen, die glauben, dass jegliche Viren nicht gefährlich seien. «Krankheiten werden nicht durch Viren übertragen», heißt es auf einem Foto eines Facebook-Beitrags (archiviert), in dem von einem angeblichen «Märchen von Viren» die Rede ist.
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Die Behauptung ist frei erfunden. Viren werden zwar immer noch intensiv erforscht, sind der Medizin aber seit etwas mehr als 100 Jahren bekannt. Dass sie Krankheiten übertragen, ist in der Forschung und praktischen Medizin unstrittig.
Fakten
Lange wussten Forscher nicht, welche genauen Krankheitserreger Pocken, Tollwut oder Masern verursachen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts forschten dann mehrere Wissenschaftler unabhängig voneinander an den Auslösern von Krankheiten, die sie bis dahin nicht erklären konnten. So widmeten sich etwa der Deutsche Adolf Mayer, der russische Wissenschaftler Dimitri Iwanowski und der Niederländer Martinus Beijerinck nacheinander dem Erreger, der die Mosaik-Krankheit bei Tabakpflanzen verursacht. Mayer zeigte, dass etwas im extrahierten Zellsaft die Krankheit überträgt. Seine These, dass es sich um etwas handeln muss, dass kleiner ist als Bakterien, stützte Iwanowski durch Experimente. Beijerinck zeigte zudem, dass der unbekannte Erreger einen Wirt braucht und sich nicht - wie Bakterien - im Reagenzglas vermehren lässt.
Etwa zur gleichen Zeit untersuchte Friedrich Loeffler, ein Schüler von Robert Koch in Berlin, wie sich die Tierkrankheit Maul- und Klauenseuche übertrug. Auch er konnte den Erreger nicht identifizieren, aber zeigen, dass er kleiner und anders als Bakterien war. Für ein Virus, das Menschen infiziert, gelang ein erster indirekter Nachweis anhand der Übertragung im Jahr 1901, als der US-Mediziner Walter Reed mit Kollegen das Virus entdeckte, das Gelbfieber auslöst.
Erst 1935 gelang es dem US-Forscher Wendell M. Stanley, das Tabakmosaikvirus in kristallisierter Form unter einem Lichtmikroskop sichtbar zu machen. Dafür erhielt er 1946 den Nobelpreis. In der Zwischenzeit hatte es die Entwicklung des Elektronenmikroskops in den späten 1930er- und 1940er-Jahren außerdem möglich gemacht, tatsächlich einzelne Viren abzubilden. Das war ein Durchbruch.
Viren sind keine Lebewesen. Sie bestehen lediglich aus einem Stück genetischen Code, DNA oder RNA, der von einer Hülle aus Fett oder Eiweiß umgeben wird. Sie sind sehr klein, viel winziger als etwa Bakterien. Um sich zu vermehren, brauchen Viren Wirtszellen. Sie können Krankheiten an Pflanzen, Tiere und Menschen übertragen oder Krebs auslösen.
Dass Menschen vereinzelt die Existenz von Viren leugnen und zu den Belegen Falschinformationen kursieren, passiert immer wieder - in den letzten Jahren etwa auch in Bezug auf Masern-Viren. Warum ausgerechnet Viren öfter im Visier derartiger Mythen und Erzählungen sind, ist nicht Gegenstand virologischer Forschung. Virologen können dazu deshalb nur allgemeine Einschätzungen treffen. «Fake News gibt es überall und bevorzugt dann, wenn es etwas aktuell Neues gibt. Das waren im Bereich der Infektionskrankheiten hauptsächlich Viren», sagte Ralf Bartenschlager, Präsident der Gesellschaft für Virologie, auf dpa-Anfrage.
(Stand: 06.10.2021)
Links
Artikel von «planet wissen» über die Entdeckung der Viren (archiviert)
Informationsprojekt der ETH Zürich über die Geschichte der Viren (archiviert)
Munzinger-Archiv über Wendell M. Stanley (archiviert)
Robert-Koch-Institut zur Entdeckung der Viren (archiviert)
Folien einer Vorlesung der Universität Heidelberg zur Geschichte der Viren (archiviert)
Artikel im «Singapore Medical Journal» über die Entdeckung des Gelbfieber-Virus (archiviert)
Umweltbundesamt über Viren (archiviert)
«Infektionsschutz.de» der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung über Viren (archiviert)
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