BGH hat keine Entscheidung zur Existenz von Masernviren gefällt

22.07.2020, 15:21 (CEST)

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies im Dezember 2016 eine Beschwerde im Zusammenhang mit einer juristischen Auseinandersetzung zurück, in der es um ein nicht gezahltes Preisgeld ging. Seitdem wird in den sozialen Medien immer wieder behauptet, der BGH habe bestätigt, dass es Masernviren nicht gebe. (http://archive.vn/WIXC5)

BEWERTUNG: Es gibt keinen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Existenz von Masernviren. Das Gericht wies lediglich eine  Nichtzulassungsbeschwerde zurück. Im entsprechenden Beschluss äußert sich der BGH an keiner Stelle inhaltlich zur Sache, um die es im vorangegangenen Rechtsstreit gegangen war. 

FAKTEN: Im November 2011 lobte der Biologe Stefan Lanka ein Preisgeld in Höhe von 100 000 Euro aus. In der Ausschreibung hieß es: «Das Preisgeld wird ausgezahlt, wenn eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin u. a. dessen Durchmesser bestimmt ist.» (zitiert nach dem späteren Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart, http://dpaq.de/MH7fM)

Der damalige Medizinstudent David Bardens schickte Stefan Lanka daraufhin sechs wissenschaftliche Publikationen zu Masernviren, dazu seine Kontonummer. Als Lanka das Geld nicht überwies, zog Bardens vor Gericht. Das Landgericht Ravensburg gab ihm Recht und verurteilte Lanka dazu, die 100 000 Euro zu zahlen. (http://dpaq.de/gNkFC)

Lanka ging in Berufung - und bekam vor dem Oberlandesgericht Stuttgart seinerseits Recht. Das Gericht begründete diese Entscheidung unter anderem so: «Im Ergebnis hat die Berufung (...) jedenfalls Erfolg, weil das Kriterium der Auslobung, den Beweis der Existenz des Masernvirus durch "eine wissenschaftliche Publikation" zu führen, durch den Kläger nicht erfüllt wurde.» (http://dpaq.de/MH7fM)

Zusammengefasst: Die Anforderungen für die Auszahlung wurden nach Ansicht des OLG von Bardens nicht erfüllt, da dieser nicht eine, sondern mehrere Publikationen einreichte. Ob Masernviren existieren oder nicht, spielt in der Urteilsbegründung des OLG keine Rolle. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Dagegen ging wiederum Bardens vor: Er reichte beim BGH eine Nichtzulassungsbeschwerde ein. Das BGH wies diese am 1. Dezember 2016 zurück - weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und die Fortbildung des Rechts oder eine Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordere. (http://dpaq.de/sH3Zx) Mehr ist dieser Rückweisung nicht zu entnehmen. Die Frage nach der Existenz von Masernviren spielt - wie im Urteil des OLG Stuttgart - keine Rolle.

Auch die Faktenprüfer von «Mimikama» haben sich bereits mit dem Fall beschäftigt. (http://dpaq.de/fwBVn)

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Links:

Beitrag: https://www.facebook.com/hanninanni77886666/posts/2930692747156999 (archiviert: http://archive.vn/WIXC5)

Urteil des Landgerichts Ravensburg: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Landgerichte&Art=en&sid=b9661a61381354aad69ab3c54d8bb2d4&Sort=1&nr=19277&pos=0&anz=1 (archiviert: http://archive.vn/zxmv4)

Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart: https://openjur.de/u/892340.html (archiviert: http://archive.vn/1x2SB)

Beschluss des Bundesgerichtshofes: https://impfen-nein-danke.de/u/BGH+I_ZR__62-16.pdf (archiviert: http://dpaq.de/sH3Zx)

Faktencheck bei «Mimikama»: https://www.mimikama.at/allgemein/falschmeldung-masern-viren-existieren-nicht/

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