Angeblicher Lauterbach-Tweet stammt von Satire-Account

06.10.2021, 16:38 (CEST)

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußert sich auf Twitter vor allem mit Einschätzungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Corona-Pandemie - aber auch zu politischen Themen. Jüngst macht der Screenshot eines angeblichen Tweets die Runde (archiviert), in dem Lauterbach geschrieben haben soll: «Die guten Wahlergebnisse der AfD in Sachsen und Thüringen» seien nur durch die «sehr hohe Anzahl an Deutschen, die dort noch leben» entstanden. Zudem soll er via Twitter gefordert haben, «bis zur nächsten Wahl» weitere Geflüchtete unterzubringen, damit die «AfD keine Chance hat».

Bewertung

Den Tweet gibt es wirklich, doch er stammt von einem Parodie-Account und nicht vom offiziellen Twitter-Auftritt Karl Lauterbachs.

Fakten

Im Tweet aus dem Screenshot ist unter dem Profilnamen «Karl Lauterbach», den sich jeder Twitter-Nutzer theoretisch selbst geben kann, der individuelle Nutzername zu sehen. Dieser ist ausschlaggebend für die Echtheit eines Accounts.

Der Nutzername im abgebildeten Tweet lautet @Karl_Laulerbach - mit einem «L» statt einem «T» im Nachnamen. In der Beschreibung dieses Twitterkanals wird zudem klar, dass es sich um «Satire» und einen «Parody account» handelt. Verändert wurde zudem das Profil-Foto, in dem Lauterbach mit einer langen, unechten Nase dargestellt ist.

Der echte und offizielle Auftritt des SPD-Politikers Karl Lauterbach ist unter dem Twitter-Nutzernamen @Karl_Lauterbach zu finden.

Bei dem Parodie-Account gibt es - anders als beim originalen Lauterbach-Account - keinen Verifikationshaken, mit dem Twitter die Echtheit des Profils bestätigt. Stattdessen soll anscheinend ein Stern diesen Haken imitieren. Auch Rechtschreib- und Grammatikfehler im Tweet sind ein starkes Zeichen dafür, dass der Text wahrscheinlich nicht vom SPD-Politiker stammt.

Doch auch inhaltlich ist der Satire-Tweet falsch. In Deutschland dürfen bei der Bundestagswahl nur Menschen wählen, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Um eingebürgert zu werden, müssen Menschen ohne deutschen Pass zunächst ein unbefristetes Aufenthaltsrecht bekommen und mindestens seit sechs Jahren dauerhaft in Deutschland leben. Es würde also für die kommende Bundestagswahl in spätestens vier Jahren nichts bringen, in Sachsen oder Thüringen «mehr Flüchtlinge» unterzubringen, «damit die AfD keine Chance hat», wie in dem Parodie-Tweet behauptet wird.

Trotz eindeutiger Hinweise, dass es sich bei dem angeblichen Lauterbach-Tweet um Satire handelt, nehmen viele Menschen auf Facebook diesen Beitrag für bare Münze, wie Kommentare zeigen.

Screenshots, die im Internet verbreitet werden, sind nicht immer echt. Sie können durch Bildbearbeitungsprogramme verfälscht werden oder von Satire-Accounts stammen, wie die Deutsche Presse-Agentur schon mehrfach zeigte (zum Beispiel hier und hier).

Stößt man im Netz auf Screenshots von Beiträgen aus den sozialen Medien, kann man prüfen, ob das angezeigte Profil wirklich zu der vermeintlichen Person gehört, indem man beispielsweise den Twitternamen hinter dem «@» mit Angaben der betreffenden Person auf deren offizieller Internetseite abgleicht. Meist lassen auch die Angaben in der Profilbeschreibung einen ersten Schluss zu.

(Stand: 6.10.2021)

Links

Beitrag auf Facebook (archiviert)

Tweet von Satire-Acccount @Karl_Laulerbach (archiviert)

Satire-Account @Karl_Laulerbach (archiviert)

Lauterbachs Original-Twitter-Account (archiviert)

Twitter über verifizierte Accounts (archiviert)

Bundeszentrale für politische Bildung über Wahlrecht (archiviert)

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über Einbürgerung (archiviert)

Facebook-Kommentar zum Satire-Tweet 1 (archiviert)

Facebook-Kommentar zum Satire-Tweet 2 (archiviert)

Facebook-Kommentar zum Satire-Tweet 3 (archiviert)

dpa-Faktencheck zur Satire-Aktion des «Gazetteur»

dpa-Faktencheck zur Satire-Aktion des «Postillon»

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