Besatzungsstatut ist seit 60 Jahren außer Kraft - Wahlen auch bei geringer Beteiligung gültig

14.09.2021, 12:33 (CEST)

Immer wieder kursieren Verschwörungserzählungen, dass Deutschland kein souveräner Staat sei. Kurz vor der Bundestagswahl macht ein Sharepic die Runde, laut dem ein «Besatzerstatut» besage, dass die «Fremdverwaltung allein durch die Wahlen vom Wähler akzeptiert wird» und dies bei einer Wahlbeteiligung unter 50 Prozent hinfällig wäre (archiviert). Was ist dran an der Behauptung?

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Wahlen sind auch bei geringer Wahlbeteiligung gültig. Das Besatzungsstatut gilt in Deutschland seit mehr als 60 Jahren nicht mehr. Die Bundesrepublik ist ein vollkommen souveräner Staat ohne Besatzungsmächte.

Fakten

Die Wahlbeteiligung hat keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Wahl. Eine Wahl kann nur durch eine Wahlanfechtung «auf Grund von Wahlfehlern entweder ganz oder teilweise aufgehoben werden», heißt es auf der Seite des Bundeswahlleiters. «Bei der freiwilligen Entscheidung eines Wahlberechtigten, nicht zur Wahl zu gehen, liegt aber kein Grund für einen anfechtbaren Wahlfehler vor.» Deshalb ist eine Wahl - wenn es keinen Grund zu einer Wahlanfechtung gibt - auch bei sehr geringer Wahlbeteiligung gültig.

Ein «Besatzerstatut», von dem in dem Sharepic die Rede ist, gab es in der Bundesrepublik Deutschland nie. Jedoch galt knapp sechs Jahre lang ein Besatzungsstatut. Darin gibt es aber keine Anweisungen zur Wahl, auch die Worte «Wahl» oder «Mindest-Wahlbeteiligung» finden sich nicht.

Die Behauptung, Deutschland sei bis heute nicht souverän, taucht vor allem bei Anhängern der Reichsbürgerbewegung auf. Sie bestreiten die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als souveräner Staat, sprechen von «Fremdverwaltung» seitens der Besatzungsmächte und behaupten, dass das Deutsche Reich fortbestehe. Dass Deutschland aber sehr wohl ein souveräner Staat ist, hat die dpa bereits in einem Faktencheck belegt.

Das Besatzungsstatut trat im September 1949 in Kraft. Die Besatzungsbehörden hatten damit unter anderem die Hoheit über militärische und auswärtige Angelegenheiten und mussten Gesetze genehmigen. Außerdem konnten die Besatzungsmächte - also die USA, Großbritannien und Frankreich - der Bundesrepublik Deutschland alle gewährten Rechte wieder entziehen, um beispielsweise die Demokratie zu erhalten.

Das Besatzungsstatut erlosch im Mai 1955, als die ratifizierten Pariser Verträge in Kraft traten. Seither ist die Bundesrepublik Deutschland ein souveräner Staat - bis 1991 allerdings unter Vorbehalt. Die Alliierten durften bis dahin weiterhin bei einem Notstand die volle Kontrolle über die Staatsgewalt übernehmen und konnten Truppen im Land stationieren. Im März 1991 wurde dieser Zustand mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag beendet, die Besatzungsmächte verloren ihre verbliebenen Rechte - das wiedervereinigte Deutschland also ist ein vollkommen souveräner Staat, dessen Regierung durch Wahlen demokratisch legitimiert ist.

(Stand: 13.9.2021)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Bundeswahlleiter zur Gültikeit der Wahl (archiviert)

Besatzungsstatut (archiviert)

bpb zur Reichsbürgerbewegung (archiviert)

dpa-Faktencheck zur Souveränität Deutschlands

bpb zum Besatzungsstatut (archiviert)

bpb zu den Pariser Verträgen (archiviert)

bpb zum Zwei-plus-Vier-Vertrag (archiviert)

bpb zur vollen Souveränität (archiviert)

bpb zur demokratischen Legimitation (archiviert)

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com