WHO-Datenbank zeigt Verdachtsfälle, keine bestätigten Todesfälle

06.08.2021, 15:10 (CEST)

Weltweit setzen Staaten im Kampf gegen das Corona-Virus auf die Impfung. Doch besonders im Internet kursieren zahlreiche Behauptungen über angebliche Gefahren der Impfstoffe. Auf Facebook zum Beispiel verbreitet sich aktuell ein Post (archiviert), in dem behauptet wird: Eine Statistik der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeige, wie viele Menschen weltweit infolge von Corona-Impfungen gestorben seien. Wörtlich heißt es: «Zahl der Impftoten explodiert - schon 135 (!!) pro Tag». 

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Für die Aussage gibt es keine Belege. Die Daten der WHO zeigen lediglich Verdachtsfälle - also mögliche Nebenwirkungen sowie Todesfälle, die in zeitlichem Zusammenhang mit Impfungen aufgetreten sind. Die Zahlen belegen nicht, dass die Impfungen die Ursache dafür sind.

Fakten

Es geht um die WHO-Datenbank «VigiBase» und das Tool «VigiAccess», mit der man die Datenbank durchsuchen kann. Dort tragen nationale Gesundheitsbehörden, deren Länder Mitglied des «WHO Programme for International Drug Monitoring» sind, Fälle möglicher Nebenwirkungen durch Medikamente und Impfstoffe ein. 

Dem Post zufolge lässt sich über «VigiAccess» rekonstruieren, dass bis zum 14. Juli 9028 Menschen nach einer Corona-Impfung gestorben sind. Sieben Tage später seien es 9974 gewesen. Innerhalb einer Woche habe es demnach also angeblich 946 Todesfälle gegeben. Im Durchschnitt wären das pro Tag 135 Impftote - die Zahl, die im Post genannt wird.

Durchsucht man «VigiAccess» nach Meldungen zu den Corona-Impfstoffen (mit dem Suchwort «covid-19 vaccine»), erhält man tatsächlich eine sehr lange Liste von Meldungen - sortiert nach medizinischen Indikationen. Darunter finden sich auch Todesfälle.

Die im Post genannten Zahlen vom 14. und 21. Juli lassen sich heute nicht mehr nachvollziehen, da die Datenbank nach Angaben der Betreiber regelmäßig aktualisiert wird, mitunter sogar täglich. Die Größenordnung der Zahlen erscheint aber plausibel. Denn derzeit (am 5. August 2021) finden sich in der Datenbank allein 8992 Fälle, die der Kategorie «death» zugeordnet sind.

Entscheidend ist jedoch, dass diese Zahlen im Facebook-Posting falsch interpretiert werden. Denn die Datenbank zeigt lediglich «eine grundlegende Liste der gemeldeten potenziellen Nebenwirkungen», wie es auf der Seite von «VigiAccess» heißt. Es handelt sich also nur um Verdachtsfälle. Weiter steht dort, die Informationen der Datenbank sollten nicht dahingehend interpretiert werden, dass das Medikament die möglichen Nebenwirkungen verursacht habe. Auch in einer Informations-Broschüre über «VigiBase» und «VigiAccess» heißt es, ein kausaler Zusammenhang zwischen den Medikamenten bzw. Impfstoffen und den aufgelisteten Nebenwirkungen sei nicht bestätigt.

Dies ist für solche Datenbanken üblich, etwa auch für die der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Zu irreführenden Behauptungen rund um diese Datenbank hat die Deutsche Presse-Agentur bereits einen Faktencheck veröffentlicht.

Das Beispiel Deutschland zeigt, wie die Zahlen zu solchen Verdachtsfällen zu bewerten sind. Das zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) verzeichnet dem aktuellen Sicherheitsbericht zufolge (Stand 30. Juni 2021) 1028 Todesfälle, die in zeitlichem Zusammenhang mit Corona-Impfungen aufgetreten sind.

Darunter sind auch einige Fälle infolge sogenannter Sinusvenenthrombosen, die das PEI ursächlich auf die Impfstoffe von Astrazeneca und Johnson & Johnson zurückführt. Für die Mehrheit der 1028 Fälle sieht die Behörde allerdings nicht die Corona-Impfungen als Todesursache, wie eine Sprecherin der dpa mitteilte: «Es ist davon auszugehen, dass die meisten Todesfälle nach der Impfung (nicht wegen der Impfung) zufällig im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung aufgetreten sind.»

Auch zur Sicherheit der Covid-19-Impfstoffe sowie zu Meldungen von Impf-Nebenwirkungen gibt es bereits mehrere dpa-Faktenchecks.

(Stand: 06.08.2021)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Hintergrund zur Datenbank «VigiBase» (archiviert)

Hintergrund zum Tool «VigiAccess» (archiviert)

Broschüre über «VigiAccess» (archiviert)

Hintergrund zur EMA-Datenbank (archiviert)

Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (archiviert)

Einschätzung PEI zu Sinusvenenthrombosen (archiviert)

dpa-Faktencheck zur Sicherheit und Zulassung der Covid-19-Impfstoffe

dpa-Faktencheck zu Meldungen von Impf-Nebenwirkungen

dpa-Faktencheck zur EMA-Datenbank

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com