Video mit Fake-Verletzungen zeigt Übung und ist keine palästinensische Propaganda
4.6.2021, 15:23 (CEST)
Bis zum Waffenstillstand am 21. Mai 2021 reagierte Israel auf den Raketenbeschuss der Hamas mit Luftangriffen, Bilder der Toten und Verletzten aus dem Gazastreifen gingen um die Welt. In einem auf Facebook veröffentlichten Video (hier archiviert) sind Menschen mit durch Make-Up und Spezialeffekte gefälschten Verletzungen zu sehen. Dazu wird behauptet, Palästinenser würden diese Verletzungen fälschen, «damit die Welt Mitleid mit ihnen hat» und um Israel negativ darzustellen.
Bewertung
Die Behauptung ist falsch. Das Video wurde während einer Übung der französischen Hilfsorganisation Medecins du Monde (MdM) 2017 im Gaza-Streifen gefilmt. Dabei wurde ein schwerer Verkehrsunfall nachgestellt.
Fakten
Die ersten zwölf Sekunden des auf Facebook veröffentlichten Videos sind bis auf die eingeblendete Schrift mit einem Video identisch, das die «Gaza Post» am 25. Februar 2017 auf Youtube veröffentlich hat. Im Video mit der Behauptung ist unscharf in der linken oberen Ecke noch das Logo der «Gaza Post» zu sehen. Daher kann das Video nicht aus dem Jahr 2021 und dem jüngsten Konflikt zwischen Israel und der palästinensischen Hamas stammen.
Nach 8 Sekunden ist in beiden Videos ein Mensch zu sehen, der eine Art Pass mit dem Logo von Medecins du Monde (MdM) trägt, nach 33 Sekunden sind im Original-Video der «Gaza Post» auch Personen im Bild, die das Logo auf ihrer Weste tragen. Ebenfalls zu sehen sind Teile des Videos in einem am 2. März 2017 auf Youtube veröffentlichten Clip des türkischen Auslandssenders TRT International. Es geht um die in den Videos gezeigte Firma für Spezialeffekte, die die angeblichen Wunden mit Make-Up schminkt.
Nach 19 Sekunden, allerdings in einem Teil, den das auf Facebook verbreitete Video mit den Propaganda-Vorwürfen nicht zeigt, ist im TRT-Clip auch ein Schild mit dem Logo von MdM und der Aufschrift «Simulation» zu sehen. MdM bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass die Aufnahmen im Jahr 2017 entstanden sind. Bei einer Übung in Rafah und Khan Younis im Gazastreifen sei ein großer Verkehrsunfall mit 100 Verletzten nachgestellt worden, um Ärztinnen und Ärzte in der Triage zu schulen - also darin, zu beurteilen, welche Verletzten in so einem Fall zuerst behandelt werden sollten.
Das Video kursierte bereits vor knapp drei Jahren. 2018 richtete sich der Fake-Vorwurf gegen Menschen in Syrien, die damit angeblich Propaganda gegen das Assad-Regime machen wollten. Eine Recherche von Correctiv hatte damals schon belegt, dass das Video von der MdM-Übung stammt.
Immer wieder werden realistische, aber unechte Darstellungen von Verletzten oder Kranken verwendet, um einen angeblichen Betrug oder Propaganda zu belegen. Tatsächlich stammen sie meist von Übungen oder Aufnahmen für Spielfilme oder Videos.
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