Klima ist nicht Wetter

Anfang 1974 war es warm auf der Zugspitze - und es wird immer wärmer

28.02.2024, 11:28 (CET)

Ungewöhnlich warme Temperaturen sind immer eine Zeitungsmeldung wert. Doch solche Extreme sagen nichts über den Klimawandel aus.

Immer wieder werden alte Temperaturaufzeichnungen ausgegraben, um den Klimawandel anzuzweifeln. Aktuell wird ein Sharepic auf X (ehemals Twitter) geteilt, das einen Zeitungsartikel aus der Zeitung «Welt» aus dem Jahr 1974 zeigt. Laut diesem Artikel wurden damals im Jänner bis zu 15 Grad Celsius im bayerischen Flachland und um die null Grad auf der Zugspitze in Deutschland gemessen. Einige Nutzer fordern aus diesem Grund, Klimakleber zur Verantwortung zu ziehen, die mit ihren Aktionen auf die globale Erwärmung hinweisen.

Bewertung

Das Klima ändert sich, wie unter anderem die generelle Zunahme extremer Temperaturen oder Wetterlagen zeigt. Einzelne, von Trend abweichende Messwerte sind kein Beweis dagegen.

Fakten

Im Jahr 2024 meldete das EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus den wärmsten Januar seit Beginn der Aufzeichnungen, mit durchschnittlich rund 13 Grad Celsius. Während hier bei Klimaschützern Alarmglocken läuteten, verwiesen andere auf heißere Tage in den vergangenen Jahrzehnten als vermeintlicher Beweis dafür, dass die Ängste unbegründet sind.

Der oben genannte Artikel wurde am 14. Jänner 1974 in der «Welt» veröffentlicht. Er bezieht sich auf den Tag davor, also Sonntag, den 13. Jänner. Der Text lautet wie folgt: «Die Temperaturen kletterten bei ausgeprägter Föhnlage in manchen Alpentälern und im bayerischen Flachland bis auf 15 Grad Wärme an. (...) Sogar auf der Zugspitze, Deutschlands höchstem Berg, wurde die für Januar sensationelle Temperatur von null Grad gemessen.»

Diese historischen Messdaten scheinen in etwa korrekt zu sein. Laut einer Karte des Wetterexperten Jörg Kachelmann für den 13. Jänner 1974 betrug die höchste Temperatur auf der Zugspitze minus 0,5 Grad Celsius, und in Bayern wurden Temperaturen von bis zu zwölf Grad gemessen. Diese Informationen wurden vom Deutschen Wetterdienst (DWD) bestätigt. In einer Antwort auf eine dpa-Anfrage sagte der DWD, dass die Temperatur auf der Zugspitze an diesem Tag nicht mehr als minus 0,5 Grad Celsius betrug (Grafik). Der Winter 1974/1975 wurde tatsächlich lange Zeit als der wärmste Winter Deutschlands eingestuft.

Doch Veränderungen im Wetter widerlegen weder, dass der Klimawandel existiert noch, dass die globale Durchschnittstemperatur seit Jahrzehnten steigt. Das Wetter spielt sich auf sehr kurzen Zeitskalen ab, wie bei den hohen Temperaturen im Jänner 1974.

Die Auswertung einzelner Tage reicht jedoch nicht aus, um sinnvolle Schlussfolgerungen in Bezug auf das Klima zu ziehen. Das Wetter muss über einen längeren Zeitraum beobachtet werden, um fundierte Aussagen über das Klima treffen. Wetterereignisse spielen eine Rolle in diesen Beobachtungen, aber es ist die Häufigkeit und Intensität, die wichtig ist, sagen Wissenschaftler.

Die Tatsache, dass die globale Erwärmung durch menschliche CO2-Emissionen verursacht wird, ist wissenschaftlich belegt. Laut den Vereinten Nationen ist die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Erdöl oder Gas der Hauptgrund für die Klimakrise. Die dpa hat bereits mehrere Faktenchecks zum Thema Klimawandel veröffentlicht (hier, hier und hier).

(Stand: 28.2.2024)

Links

X-Claim (archiviert)

Copernicus-Bericht (archiviert)

Deutschlandwetter Jänner 2024 (archiviert)

Karte von Kachelmannwetter (archiviert)

ZAMG zu Wetter und Klima (archiviert)

Wetterzentrale mit Daten des Deutschen Wetterdienstes (archiviert)

Tagesmitteltemperatur Winter in Deutschland (archiviert)

National Geographic zu Wetter und Klima (archiviert)

Europäische Kommission zu Ursachen des Klimawandels (archiviert)

Vereinte Nationen zum Klimawandel (archiviert)

dpa Faktencheck zu globale Temperatur vor 65 Millionen Jahren

dpa Faktencheck zu CO2 in der Atmosphäre

dpa Faktencheck zu Klimawandel in 1975

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