Goebbels-Villa nicht verkauft - Vertrag gefälscht

Laut einem angeblichen Kaufvertrag, der online geleakt wurde, soll der ukrainische Präsident eine historisch belastete Villa in Wandlitz nahe Berlin gekauft haben. Die Villa Bogensee hat ursprünglich Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels gehört. So heißt es in einem Youtube-Video mit dem Titel «Selenskyj kauft Goebbels-Villa um 8 Millionen Euro», das auf Facebookdie Runde macht. Im Video zitiert eine junge Frau einen angeblichen früheren Mitarbeiter der Firma Berlin Immobilienmanagement und zeigt einen teils geschwärzten Kaufvertrag. Aber diese Meldung ist erfunden.

Bewertung

Die Meldung ist falsch und der Kaufvertrag gefälscht. Die genannte Notarin hat die deutsche gesetzliche Altersgrenze für Notare seit Jahren überschritten.

Fakten

Das Areal am Bogensee, das sich etwa 40 Kilometer nördlich von Berlin befindet, ist seit dem Jahr 2000 ungenutzt. Verkaufsversuche sind bisher gescheitert, unter anderem wegen des geschichtlichen Kontextes.

Im Jahr 1936 gab die Stadt Berlin den Bogensee und das Gelände drumherum NS-Propagandaminister Joseph Goebbels zur Nutzung auf Lebenszeit. Er ließ dort ein Landhaus errichten, in dem er Schauspielerinnen und andere Prominente empfing.

1946 übernahm die Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ) die Villa als Ausbildungsort. Laut Exposé des Berliner Liegenschaftsfonds markierte der «Waldhof» den Beginn der Jugendhochschule der FDJ. In den 1950er Jahren wurden weiter Gebäude auf dem Gelände errichtet. Nach der Wiedervereinigung wurde die Hochschule aufgelöst.

Kein Verkauf, sagt Eigentümer

Die landeseigene Firma BIM Berliner Immobilienmanagement ist nach wie vor Eigentümerin des Areals mit Waldhof in Wandlitz. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) wurde ein Verkauf dementiert. «Es handelt sich hier um eine komplette Falschmeldung. Das Gelände gehört noch immer zum Eigentum des Landes Berlin», sagte eine BIM-Sprecherin. Das Gleiche lautete aus dem Büro des Bürgermeisters von Wandlitz, Oliver Borchert. Laut einer Sprecherin gab es «keine Informationen zum Verkauf der ehemaligen Goebbels-Villa auf dem Bogensee-Areal».

Vertrag gefälscht

Im viralen Video wird ein angeblicher Kaufvertrag eingeblendet. Dass es eine Fälschung ist, wird anhand mehrerer Hinweise klar. Der Name der attestierenden Notarin ist am Dokument lesbar - «Dr. Friederike Schulenburg Rechtsanwältin - Notarin». «t-online» kontaktierte Schulenburg, die den Vertrag untersuchte.

Laut der Notarin, einer Dame in ihren 80ern, weisen die unüblichen Formulierungen, sowie das Fehlen einer Beglaubigung mit Siegel oder Unterschrift, auf eine Fälschung hin - und keine gute: Die ehemalige Notarin bezeichnete das Dokument als «stümperhaft zusammengestückelt».

Auch Schulenburgs Alter spielt eine wichtige Rolle. Laut deutscher Bundesordnung ist eine Tätigkeit als Notar nur bis zum Ende des 70. Lebensjahres erlaubt. Schulenburg bestätigte ihre Angaben gegenüber der dpa erneut und sagte, sie sei nur mehr als Rechtsanwältin tätig.

Die dpa kontaktierte auch die Youtube und X-Accounts, auf denen das Video unter dem Namen «Sabine Mels» gepostet wurde, erhielt jedoch keine Antwort. Bei der Firma Berliner Immobilienmanagement ist keine Sabine Mels bekannt. Auf dpa-Anfrage sagte eine Sprecherin, dass es noch nie eine Kollegin mit dem Namen bei der BIM gegeben habe.

Falschmeldungen über Selenskyj, unter anderem auch über teure Käufe, zirkulieren seit Anfang des russischen Aggressionskrieges in der Ukraine. Die dpa hat bereits falsche Angaben zu seinem Kauf von Luxusyachten oder zu seinem Privatvermögen geprüft.

(Stand: 17.1.2024)