Impfung gegen Influenza

Studie entstand vor der Corona-Pandemie

11.12.2023, 14:50 (CET)

Obwohl die Corona-Pandemie abgeklungen ist, reißen die Diskussionen um Impfungen nicht ab. Diesmal ist die Grippeimpfung wieder im Rampenlicht: Erhöht sie wirklich das Risiko einer Corona-Infektion?

Seit es Impfstoffe gibt, regt sich Widerstand dagegen. Bei Facebook macht ein Sharepic die Runde, auf dem unter der Überschrift «Covid-19 und das Impfproblem» ein Anschnitt eines Artikels zu sehen ist. Darin heißt es, dass die Wahrscheinlichkeit, sich mit Coronaviren anzustecken, durch eine Grippeimpfung um 36 Prozent erhöht werde. Auch bei der Spanischen Grippe zwischen 1918 und 1920 soll es einen Zusammenhang mit Impfungen gegeben haben. Was hat es damit auf sich?

Bewertung

Die Studie, auf die der Artikel Bezug nimmt, beruht auf Daten von 2017 und 2018. Sie bezieht sich also nicht auf Covid-19, sondern auf andere Coronaviren. Der Autor der Studie stellt klar, dass eine Grippeschutzimpfung empfehlenswert ist. Auch die Spanische Grippe ist nicht durch eine Impfung entstanden.

Fakten

Der Artikel stammt aus der Oktoberausgabe 2020 von «natur & heilen». Unter dem Titel «Vielversprechende Behandlungserfolge - Homöopathie und Covid-19» schreibt der Homöopath Jens Wurster über seine Erfahrungen mit Corona-Patienten.

In dem Abschnitt auf Seite 20, der nun bei Facebook geteilt wird, holt er weiter aus und schneidet das Thema Vireninterferenzen an. Damit wird im Allgemeinen das Phänomen beschrieben, das man bei gleichzeitiger Infektion mit mehreren Erregern beobachtet.

Die Studie, die Wurster zu diesem Thema zitiert, stammt aus der Fachzeitung «Vaccine» im Jänner 2020, die auf Daten von 2017 und 2018 beruht. Wurster behauptet, diese habe ergeben, «dass eine Influenza-Impfung das Risiko anderer Atemwegserkrankungen signifikant erhöht». Doch laut Autor Greg G. Wolff fanden sich in den Daten wenig bis gar keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Virusinterferenz und Grippeimpfung.

In einem «Letter to the Editor» in einer späteren Ausgabe von «Vaccine» betont Wolff, dass die Resultate seiner Studie sich auf die endemische, regulär zirkulierende Coronavirus-Varianten (229E, NL63, OC43, HKU1) beziehen - und nicht auf Covid-19. Weiters unterstrich er, dass die Ergebnisse der Studie nicht «den Standpunkt der Impfgegner» unterstützen, besser auf eine Grippeimpfung zu verzichten. Im Gegenteil seien die Studienergebnisse dahingehend zu interpretieren, dass die Impfung die Risiken eine Infektion mit verschiedenen Erregern senke.

Als zweite Quelle ist im Wurster-Text ein Artikel in «Naturstoff Medizin» angegeben, der auf die gleiche «Vaccine»-Studie hinweist. Hier werden «Covid-19» und «Coronavirus» immer wieder synonym verwendet, obwohl die Studie sich nicht auf Covid-19 bezieht.

Die Passagen über Coronaviren und Influenza sind im Sharepic mit einem Highlight versehen. Weiter unten auf dem Sharepic ist die Rede von der Rolle von Impfungen während der Spanischen Grippe von 1918 bis 1920. Doch diese wurde durch Viren verursacht - nicht durch Impfungen, wie ein dpa-Faktencheck zeigt.

(Stand: 11.12.2023)

Links

History of Anti-Vaccine Movements (archiviert)

Facebook-Posting (archiviert)

Natur & Heilen Heft Oktober 2020 (archiviert)

Heilerfolge Corona (archiviert)

«Vaccine»-Artikel (archiviert)

Naturstoff Medizin (archiviert)

Zentrum der Gesundheit (archiviert)

Letter to the Editor (archiviert)

dpa-Faktencheck zur Spanischen Grippe

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