Kein HAARP-Effekt

Datenverarbeitung erzeugt Ringe beim Niederschlagsradar

18.09.2023, 15:42 (CEST)

Glücklicherweise beobachten viele Menschen genau und setzen sich kritisch mit Informationen auseinander. Doch bei der Suche nach dem Grund für Ringe auf Wetterkarten sind einige auf der falschen Spur.

Extremwetterereignisse und ihre teils verheerenden Auswirkungen beflügeln die Fantasie einiger Menschen. Die schweren Unwetter an der Adria und in Kärnten Anfang August verleiteten manche Nutzer sozialer Medien zu Theorien rund um bewusstes Herbeiführen dieser Wetterextreme. In einem Posting wird eine Slowenien-Karte mit ungewöhnlichem Farbmuster geteilt und vermutete, dass der Grund für das Muster eine HAARP-Anlage sein könnte.

Bewertung

Im Posting zu sehen ist eine Radarkarte, deren Zentrum eine slowenische Wetterstation ist. Die weltweit einzige HAARP-Anlage steht in Alaska, ist öffentlich zugänglich und dient der Erforschung der Ionosphäre. Die globalen Wetterbedingungen entstehen hingegen in tieferliegenden Sphären. Zudem reicht die Energie von HAARP nicht aus, um auf das Wetter Einfluss zu nehmen.

Fakten

HAARP ist seit vielen Jahren ein beliebtes Betätigungsfeld für Verschwörungstheoretiker. Hinter der Abkürzung steht das «High Frequency Active Auroral Research Program», ein US-amerikanisches Forschungsprogramm. Ursprünglich als militärisches Projekt errichtet, übertrug die US-Armee das Projekt im Sommer 2015 an die University of Alaska Fairbanks.

Herzstück des Projekts ist eine Forschungseinrichtung, die die Ionosphäre untersucht. Das geschieht über ein rund 15 Fußballfelder großes Antennenfeld. Dieses sendet Funksignale in einen Bereich der oberen Erdatmosphäre, die rund 70 bis 600 Kilometer von der Erdoberfläche entfernt ist. Die Forschenden untersuchen, wie diese Atmosphärenschicht und die Radiowellen zusammenwirken. Das geschieht nicht im Geheimen, sondern kann sogar besichtigt werden.

Weltweit gibt es nur eine Handvoll vergleichbarer Anlagen zu Ionosphärenforschung, etwa in Russland oder Norwegen. Im Posting zu sehen ist indes eine Radar-Wetterkarte von Südösterreich, Norditalien und Slowenien. Im Zentrum der konzentrischen Ringe befindet sich die slowenische Wetterstation Pasja Ravan auf dem gleichnamigen Berg wenige Kilometer westlich der Hauptstadt Ljubljana. Diese erfasst auch die Niederschlagsmengen.

Wie entstehen die Ringstrukturen?

Geosphere Austria geht gegenüber dpa-Faktencheck vom selben Zentrum der Karte im Posting aus: «Das Erscheinungsbild und die Lage deuten darauf hin, dass es sich um die vertikale Maximalprojektion eines Volumenscans des Radars in Pasja Ravan handelt.» 

Auch für die immer größer werdenden Ringe rund um die Station hat der österreichische meteorologische Dienst eine Erklärung. Diese seien «ein übliches Artefakt der Radarmessung», wenn ein Niederschlagssystem ein ausgeprägtes «Brightband» habe - einen Bereich im Niederschlagssystem um die Null-Grad-Grenze, in dem sowohl flüssiger als auch fester Niederschlag auftritt.

Die großen Niederschlagspartikel erzeugen demnach in diesem Bereich unrealistische, weit überhöhte Messsignale. Diese würden durch die einfache Umrechnung auf Niederschlagsmengen als Ringstrukturen dargestellt. 

Zum im Posting genannten Zeitpunkt waren die Niederschlagsmengen laut slowenischer Radarkarte hoch bis sehr hoch. Das belegt auch die Radarkarte der nahegelegenen italienischen Wetterstation Fossalon bei Grado - auch auf dieser sind für solche Karten typische Ringe zu sehen, die sich vom Standort der Wetterstation weg ausbreiten. Ein Tiktok-Video will auch hier eine HAARP-Anlage entdeckt haben.

Doch selbst wenn es versucht würde: HAARP könnte das Wetter oder Naturkatastrophen nicht beeinflussen. Die Wetterbedingungen auf der Erde werden in der Troposphäre und der Stratosphäre erzeugt und nicht in der darüber liegenden Ionosphäre. Zudem reiche die Energie einer HAARP-Anlage nicht aus, um etwa Regen zu erzeugen, erklärte der Physiker Holm Hümmler dem Bayrischen Rundfunk bereits 2021.

(Stand: 13.09.2023)

Links

Nachrichten-Ticker zu den Unwettern (archiviert)

Facebook-Posting (archiviert)

dpa-Faktencheck zu HAARP aus 2021

HAARP-Website (archiviert)

Satellitenbild der Anlage (archiviert)

Informationen zur Ionosphäre (archiviert)

Fragenkatalog zu HAARP (archiviert)

Projekt Sura in Russland (nur archiviert)

Anlage von EISCAT in Norwegen (archiviert)

Wetterstationen in Slowenien (archiviert)

Station Pasja Ravan bei Google Maps (archiviert)

Slowenischer Klimarückblick August 2023 (archiviert)

Radarkarte vom 5.8.2023, 0:00 Uhr (archiviert)

Niederlschlagsradar Fossalon (archiviert)

Video der Anlage Fossalon (archiviert)

Standort Fossalon bei Google Maps (archiviert)

Informationen zum Regenradar (archiviert)

Tiktok-Video (archiviert)

AFP-Faktencheck zu HAARP und Erdbeben (archiviert)

DWD zu Atmosphäre und Wetter (archiviert)

BR-«Faktenfuchs» zu HAARP (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-oesterreich@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.