Norwegen hebt Pandemie-Beschränkungen auf - Covid-19 bleibt gefährlich

Nach wie vor gelten in vielen Ländern Corona-Maßnahmen, welche in Sozialen Medien für Gesprächsstoff sorgen. Teilweise werden in dem Zusammenhang aber auch falsche und irreführende Informationen verbreitet. So wird etwa in einem Facebook-Posting (hier archiviert) behauptet, dass Norwegen Covid-19 neu eingestuft habe. Die Erkrankung sei «nicht gefährlicher» als die «normale Grippe», das Land habe die Pandemie-Beschränkungen aufgehoben. Eine Kausalität der beiden Aspekte wird damit suggeriert.

Bewertung

Tatsächlich wurden in Norwegen mittlerweile fast alle Corona-Maßnahmen aufgehoben. Das liegt aber nicht daran, dass Covid-19 für den Einzelnen weniger gefährlich geworden ist, sondern am Impffortschritt. Das «Norwegian Institute of Public Health» hat Covid-19 zudem nicht als weniger gefährlich als die Grippe eingestuft, aber ist der Meinung, dass die Erkrankung ab sofort als saisonale Atemwegserkrankung behandelt werden sollte.

Fakten

Als Quelle der Behauptungen wird das Online-Portal «uncut-news.ch» angeführt. Der Blog-Artikel ist allerdings mittlerweile im Internet nicht mehr auffindbar. Die Nachrichtenagentur AFP berichtete in einem Faktencheck, dass «UncutNews» nach eigenen Angaben lediglich einen fehlerhaften englischen Artikel übersetzt hätte und ihn daher gelöscht habe.

Tatsächlich wurden in Norwegen am 25. September 2021 fast alle Corona-Maßnahmen wie etwa die Ein-Meter-Abstandsregel oder auch Teilnehmerbeschränkungen bei Veranstaltungen aufgehoben. Das berichtete u.a. der norwegische Sender NRK.

Der Grund dafür war aber nicht, dass das Land Covid-19 als nicht gefährlicher einstufte als die Grippe, wie in Sozialen Medien behauptet. Wie aus dem NRK-Artikel hervorgeht, hat Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg zufolge vor allem der Impffortschritt die Öffnungsschritte ermöglicht. Sie betont laut dem Beitrag zudem, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei. Solberg appellierte an alle Ungeimpften, sich noch impfen zu lassen.

66,5 Prozent der gesamten Bevölkerung und 83,4 Prozent der über 18-ährigen Norweger war demnach zum damaligen Zeitpunkt vollständig geimpft. Ungeimpfte unterliegen bei einer allfälligen Quarantäne schärferen Regelungen, heißt es in dem Artikel.

Die Falschbehauptung, dass Norwegen Covid-19 neu eingestuft habe, geht vermutlich auf einen Tweet von 24. September 2021 zurück, in dem als angeblicher Beleg ein Blog-Artikel angeführt wird. Viele andere falsche Postings zu Norwegen bezogen sich darauf, wie dpa-Faktenchecks auf Französisch und Niederländisch zeigen (hier, hier). Der Artikel nennt als Quelle das «Norwegian Institute of Public Health» (NIPH oder FHI). Auch im NRK-Artikel wird eine Empfehlung des NIPH für die Wiedereröffnung des Landes beschrieben.

Die Pressestelle des Instituts teilte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage mit, es sei falsch, dass das Institut Covid-19 als «nicht gefährlicher als normale Grippe» eingestuft habe. Das NIPH sieht das als Fehlinterpretation eines Zeitungsinterviews mit seinem stellvertretenden Direktor Geir Bukholm.

Zwar müsse in diesem Stadium der Pandemie Covid-19 als eine von vielen Atemwegserkrankungen mit saisonalen Schwankungen betrachtet werden, aber das bedeute nicht, dass sich die vom Coronavirus ausgelöste Erkrankung Covid-19 und die Grippe ähnlich seien. Patienten müssten individuell die für ihre jeweilige Erkrankung geeignete Behandlung erhalten. Die epidemiologische Situation werde weiter überwacht, die Schritte bei einer Verschlechterung der Lage angepasst.

(Stand: 12.10.2021)