Industrialisierung
Rapide Klimaerwärmung begann vor Gründung des Weltklimarats
11.12.2024, 13:58 (CET)
Das Klima veränderte sich fortwährend im Laufe der Erdgeschichte, doch nie in dieser Geschwindigkeit wie heute. Hat die Erwärmung erst mit der Gründung des Weltklimarates im Jahr 1988 angefangen, wie ein in den sozialen Medien kursierendes Sharepic glauben lässt?
Bewertung
Falsch. Daten weisen bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf einen Temperaturanstieg hin. Doch der Anstieg war vor den 1980er Jahren nicht so rasant wie danach.
Fakten
Die Grafik stammt von der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde der USA, wie dem Wasserzeichen «NOAA» zu entnehmen ist. Die Daten zeigen die Temperaturen in Europa nach 1924.
Dem Copernicus-Klimawandeldienst der Europäischen Union zufolge steigen die Temperaturen in Europa seit Ende des 19. Jahrhunderts an. Der grösste Anstieg wurde demnach in den letzten 40 Jahren verzeichnet. Die europäische Durchschnittstemperatur war Anfang der 1980er Jahre nur gering höher als 100 Jahre zuvor.
Auch global wird es insbesondere seit den 1980er Jahren immer wärmer. Weltweit steigen die Temperaturen seit der Beginn der Industrialisierung. Doch dies geschieht nicht überall gleich schnell. Auf der Landmasse ist die Erwärmung am stärksten, besonders stark in der Arktis in der kalten Jahreszeit und in der mittleren Breite besonders in der warmen Jahreszeit. Europa ist zurzeit der sich am schnellsten erwärmende Kontinent - etwa doppelt so schnell verglichen mit dem globalen Durchschnitt.
Die klimatischen Veränderungen gehen auf menschliche Aktivitäten seit Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Insbesondere die durch den Menschen verursachten Treibhausgase tragen zur Erwärmung bei. Der Treibhauseffekt und die damit einhergehende Erwärmung waren bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt und wurden in wissenschaftlichen Kreisen erforscht. Auch Warnungen vor negativen Konsequenzen wurden bereits ausgesprochen.
Erst mit vermehrter wissenschaftlicher Evidenz über die Klimaveränderung und die Rolle des Menschen dabei liess die Politik in den 1970er Jahren vermehrt aktiv werden - auch auf globaler Ebene.
Im Jahr 1988 gründeten die Vereinten Nationen (UN) den Weltklimarat, auch bekannt als Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Das Gremium bewertet Forschungsberichte zu Klimathemen und dient der Versorgung von Behörden weltweit mit wissenschaftlicher Information. Bei internationalen Verhandlungen zur Klimapolitik liefern die IPCC-Berichte einen wichtigen Beitrag.
Die Falschbehauptung über einen angeblichen Zusammenhang zwischen Gründungsdatum des Weltklimarats und dem von der US-Klimabehörde NOAA verzeichneten Temperaturanstieg geht auf den AfD-Politiker und EU-Parlamentarier Petr Bystron zurück. Auch der SVP-Politiker und Nationalrat Andreas Glarner, der schon in der Vergangenheit mit der Herstellung eines Fake-Videos aufgefallen ist, verbreitete die Desinformation.
(Stand: 11.12.2024)
Links
Sharepic mit Klimagrafik (archiviert)
NOAA: Durchschnittliche Temperaturanomalien in Europa 1924-2024 (archiviert)
NOAA: Durchschnittliche Temperaturanomalien Global 1854-2024 (archiviert)
Copernicus: Klimaindikator Temperatur (archiviert)
Copernicus: Klimabericht 2023 (archiviert)
Historisches Lexikon Schweiz: Industrialisierung (archiviert)
Nasa: Globale Temperatur (archiviert)
Nasa: Beweise für den Klimawandel (archiviert)
IPCC: FAQ Globale Erwärmung, 2018 (archiviert)
European Environment Agency: Globale und europäische Temperaturen, 26.06.2024 (archiviert)
EU-Kommission: Ursachen des Klimawandels (archiviert)
Schweizer Behörde: Globaler Klimawandel (archiviert)
dpa-Faktencheck: 1975 war der menschengemachte Klimawandel schon lange bekannt
Jstor-Daily-Artrikel über Forschungen zur Klimaerwärmung im 19. Jahrhundert (archiviert)
Lexikon der Biologie über Herman Flohn (archiviert)
Bundeszentrale für politische Bildung über Klimaschutz als Aufgabe der Politik (archiviert)
Weltklimarat IPCC über eigene Arbeit (archiviert)
Facebook-Post von Bystron mit der Falschbehauptung (archiviert)
Bystron-Profil auf Seite des EU-Parlaments (archiviert)
Glarner-Profil auf Seite der Bundesversammlung (archiviert)
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-schweiz@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
Schon gewusst?
Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.