Karte falsch interpretiert

Blaue Punkte zeigen aktuelle Flussbarrieren rund um Valencia

9.12.2024, 14:09 (CET)

Nach der Flutkatastrophe in Spanien machen im Netz irreführende Posts über das Unwetter die Runde. Eine Karte soll angeblich abgerissene Dämme in der Region zeigen - das Gegenteil ist der Fall.

Nach dem Starkregen mit Überflutungen in Spanien von Ende Oktober kursiert in den Sozialen Netzwerken ein Bild von einer Karte. Zu sehen ist ein Bildausschnitt aus der Region Valencia im Osten des Landes. Diese Gegend ist am schwersten von den Unwettern getroffen worden. Auf der Karte sind blaue und grüne Punkte erkennbar. Die Karte wird im Post so erklärt: «Die blauen Punkte zeigen alle Dämme an, die in der Umgebung von Valencia entfernt wurden.» Zeigt diese Karte tatsächlich abgerissene Staudämme?

Bewertung

Auf der verbreiteten Karte sind aktuelle Flussbarrieren rund um Valencia markiert - keine Dämme, die entfernt wurden.

Fakten

Das kursierende Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem sogenannten «Amber Barrier Atlas». Die englische Abkürzung Amber steht für «Adaptive Management of Barriers in European Rivers». Ziel des Projektes ist eine umfassende Bestandesaufnahme von Barrieren und Staudämmen in Europas Flüssen. Beteiligt sind unter anderem Universitäten, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Wasserkraftunternehmen und die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) der Europäischen Kommission, heisst es auf der Internetseite.

Auf dem Kartenausschnitt in den Sozialen Netzwerken sind unter anderem die Orte Valencia und Bétera beschriftet. Dieser Ausschnitt lässt sich auf dem «Amber Barrier Atlas» heranzoomen. Mittels verschiedener Suchfilter auf der linken Seite des Atlas können auf der Karte zudem die unterschiedlichen Typen von Barrieren angezeigt werden.

Gemäss der Legende am linken Rand steht grün für bestehende Staudämme («dam»). Mit den blauen Punkten werden bestehende Flussbarrieren angezeigt («weir»). Es wird klar: Die blauen Punkte auf der Karte zeigen keine zurückgebauten Staudämme. Das bestätigte auch Carlos Garcia De Leaniz, Koordinator des AMBER-Projekts, gegenüber dem US-Medium USA Today.

Regenmenge eines ganzen Jahres in wenigen Stunden

Mit dem Unwetter hat die Karte nichts zu tun. Valencia und die umliegenden Gebiete wurden am 29. Oktober 2024 von extrem starken Regenfällen heimgesucht, die in der Region zu schweren Überschwemmungen und grossen Schäden führten. Nach Behördenangaben sind mindestens 220 Menschen in der Folge ums Leben gekommen.

In einigen Ortschaften fiel innerhalb weniger Stunden so viel Regen wie sonst in einem ganzen Jahr. Ursache des extremen Unwetters war ein lokales Wetterphänomen, wie der spanische Wetterdienst Aemet zuvor meldete. In Spanien ist es unter dem Namen «DANA» bekannt. Die Abkürzung steht für «Depresión Aislada en Niveles Altos».

Übersetzt bezeichnet dies ein isoliertes Tiefdruckgebiet in grosser Höhe, in der Schweiz auch unter «Kaltlufttropfen» bekannt. Im spanischen Volksmund ist meist von «gota fría» (wörtlich übersetzt: «Kalter Tropfen») die Rede. Es handelt sich um eine Sturmart, die entsteht, wenn Kaltfronten auf warme, feuchte Luftmassen treffen, beispielsweise über dem Mittelmeer. Die Stürme können lange an einem Ort verweilen, bevor sie sich auflösen. Das erhöht die Überschwemmungsgefahr.

Nach Sturm zirkulieren in Sozialen Netzwerken falsche Informationen

Nach dem Unwetter verbreiten Nutzer in Sozialen Netzwerken falsche und irreführende Informationen über die Ursache des Unwetters. Wie ein dpa-Faktencheck zeigt, wurden etwa Aufnahmen eines Schiffes mit ungewöhnlichen technischen Anlagen auf Deck aus dem Zusammenhang gerissen und mit der Flutkatastrophe in Verbindung gebracht.

(Stand: 9.12.2024)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Aemet: Aviso especial de fenómenos adversos número 15/2024, 27.10.2024 (archiviert)

Amber Barrier Atlas: Karte (archiviert)

Amber Barrier Atlas: Organizations and team members (archiviert)

Bundesamt für Meteorologie: Höhentief, 20.4.2023 (archiviert)

Der Spiegel: "Kalter Tropfen", 31.10.2024 (archiviert)

El País: gota fría, 19.10.2018 (archiviert

SRF: Proteste in Valencia, 10.11.2024 (archiviert)

USA Today: Map shows existing Valencia river barriers, 12.11.2024 (archiviert)

dpa-Faktencheck: Schwimmendes Kraftwerk hat keine Verbindung zu Valencia, 13.11.2024

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