Studie fehlinterpretiert

Biodiversität war nicht Forschungsgegenstand

4.10.2024, 13:34 (CEST)

Der Klimawandel ist komplex. Forschende befassen sich mit diversen Aspekten und Wechselwirkungen davon. Die Ergebnisse ihrer Studien werden auch immer wieder falsch ausgelegt - wie in diesem Fall.

Mehrere Faktoren beeinflussen das Klima, doch für die aktuellen rasanten klimatischen Veränderungen sind insbesondere die Treibhausgasemissionen wie Kohlendioxid (CO2) verantwortlich, welche von menschlichen Aktivitäten verursacht werden. Wie kann dem begegnet werden? Dies ist Gegenstand der Forschung: Jüngst haben Wissenschaftler des Birmingham Institute of Forest Research (BIFoR) untersucht, welche Rolle reife Wälder im Kampf gegen den Klimawandel spielen. Blüht die Biodiversität wegen der erhöhten CO2-Konzentration in der Atmosphäre, wie in einem Sharpic behauptet wird?

Bewertung

Es liegt eine Fehlinterpretation vor. Forschende des Birmingham Institute of Forest Research haben jüngst herausgefunden, dass reife Wälder entgegen bestehenden Annahmen eine signifikante Rolle spielen in der Bindung von CO2 und somit im Kampf gegen den Klimawandel. Auf einen höheren atmosphärischen CO2-Gehalt reagierten die untersuchten älteren Bäume mit der Produktion von mehr Holzbiomasse. Die Auswirkung einer höheren CO2-Konzentration auf die Biodiversität war hingegen nicht Gegenstand der Untersuchung.

Fakten

Am August 2024 veröffentlichte das Birmingham Institute of Forest Research (BIFoR) eine Studie, welche die Rolle reifer Wälder im Kampf gegen den Klimawandel untersucht. Konkret wurde die Aufnahme von atmosphärischem CO2 untersucht.

Der Klimawandel wird vor allem vom vermehrten Ausstoss von CO2 infolge menschlicher Aktivitäten verursacht. Die Entfernung von CO2 aus der Luft – durch natürliche sowie auch künstliche Prozesse – ist daher Gegenstand der Forschung.

Konkret untersuchte das BIFoR die CO2-Aufnahme alter Bäume. Entgegen den Erwartungen fanden die Forschenden heraus, dass ältere Bäume der Atmosphäre CO2 entziehen und dies in neuem Holz binden. Während kaum ein Wachstum des Blatt- oder Wurzelwerkes stattfand – was CO2 nur kurzfristig speichert – wurde die Holzproduktion vermehrt, welche CO2 langfristig bindet. Dies widerlegte bestehende Annahmen, dass ältere, reife Wälder nicht auf höhere CO2-Werte in der Luft reagieren und somit nicht wesentlich zum Ausgleich der CO2-Emissionen beitragen.

Die Forschenden gehen davon aus, dass die Reaktion des Waldes auf einen höheren atmosphärischen CO2-Gehalt je nach Nährstoffdynamik unterschiedlich ausfällt. In der Climate-Press von 1998 steht: «Eine echte Düngewirkung von CO2 gibt es nur, wenn alle Bodennährstoffe in überreichem Mass vorhanden sind.»

Pflanzen reagieren unterschiedlich

Auch neuere Studien weisen darauf hin, dass die steigende CO2-Konzentration sowie andere Treibhausgase in der Atmosphäre und der damit verbundene Klimawandel die landwirtschaftlichen Erträge beeinträchtigen, wobei das Ausmass der Auswirkungen je nach Region unterschiedlich ausfällt.

Pflanzen reagieren unterschiedlich auf den erhöhten atmosphärischen CO2-Gehalt, der Ertrag und somit die Biomasse - die «durch Photosynthese entstandene Substanz» - kann je nach Pflanzen durchaus gesteigert werden. Doch Forschende konnten auch nachweisen, dass ein erhöhter CO2-Gehalt den Nährwert und somit die Qualität von Pflanzen beeinträchtigt.

Gemäss der Studie des BIFoR vom August 2024 führte die erhöhte CO2-Konzentration in der Luft zu einer Zunahme der Baum-Biomasse um 9,8 Prozent. Doch eventuelle Auswirkungen auf die Biodiversität waren nicht Gegenstand der Studie.

Biodiversität steht für Vielfalt

Unter Biodiversität wird die «Vielfalt aller lebenden Organismen, Lebensräume und Ökosysteme auf dem Land, im Süsswasser, in den Ozeanen sowie in der Luft» verstanden. Fast weltweit – auch in der Schweiz – nimmt die Biodiversität ab. Gründe dafür sind unter anderem die Zerstörung von Lebensräumen, intensive Land- und Gewässernutzung, aber auch gebietsfremde invasive Arten sowie der Klimawandel.

Zur Eindämmung des Klimawandels ist die Biodiversität relevant, denn ein artenreiches, intaktes Ökosystem ist stabiler und vermag Störungen besser auszugleichen. Artenreiche Ökosysteme speichern grundsätzlich mehr Kohlenstoff und liefern mehr Nährstoffe.

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) thematisierte bereits in früheren Faktenchecks die Auswirkungen des erhöhten atmosphärischen CO2-Gehaltes.

(Stand: 04.10.2024)

Links

Facebook-Post (archiviert)

NCCS: Klimawandel (archiviert)

NASA: Kohlendioxid (archiviert)

University of Birmingham: Birmingham Institute of Forest Research (archiviert)

University of Birmingham: Medienmitteilung über die Studie, 09.08.2024 (archiviert)

Nature: Studie zur Holzbiomasse in reifen Wäldern unter erhöhtem CO2, 12.08.2024 (archiviert)

NOAA: Steigende Treibhausgas-Werte, 05.04.2023 (archiviert)

Max-Planck-Gesellschaft: Kohlenstoffkreislauf (archiviert)

Max-Plank-Gesellschaft: Biodiversität (archiviert)

Max-Planck-Institut: Geoengineering (archiviert)

Global Change Biology: Studie über CO2-Düngeeffekt auf Bäume, 27.12.2018 (archiviert)

Climate Press: Studie über die Auswirkung der CO2-Konzentration auf die Pflanzenwelt, November 1998 (archiviert)

The Lancet: Studie über die Auswirkung des erhöhtes atmosphärischen CO2-Gehalts auf die globale Ernährung, 09.09.2020 (archiviert)

The Lancet: Studie über Auswirkungen des erhöhten atmosphärischen CO2-Gehalts auf die Lebensmittelqualität, Juli 2019 (archiviert)

Spektrum: Biomasse (archiviert)

UNO: Biodiversität (archiviert)

BAFU: Biodiversität (archiviert)

BAFU: Invasive Arten (archiviert)

dpa-Faktencheck: Schäden durch Erderwärmung überwiegen Düngeeffekte bei CO2-Zunahme, 12.04.2022

dpa-Faktencheck: Bereits eine geringe Menge CO2 hat enorme Auswirkungen auf das Klima, 19.06.2023

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