Keine Schulden beim IWF

Deutschland bezahlt EU-Beiträge aus eigener Kraft

15.3.2024, 15:06 (CET)

Der Internationale Währungsfonds (IWF) bietet diversen Staaten Hilfe bei Zahlungsschwierigkeiten. Darauf ist Deutschland als grösste Volkswirtschaft der Europäischen Union nicht angewiesen.

Die Schweiz ist fast ausschliesslich von Mitgliedsländern der Europäischen Union (EU) umgeben. Die EU ist folglich eine wichtige Partnerin, doch als Nicht-Mitglied zahlt die Schweiz keine EU-Beiträge. Christoph Blocher thematisiert an seiner Rede an der Albisgüetli-Tagung am 19. Januar 2024 die Zahlungen Deutschlands an die EU, ein Ausschnitt davon (ab Minute 13.09) kursiert in den sozialen Medien. Blocher meint, die EU schulde Deutschland 1000 Milliarden Euro. Eine Facebook-Userin kommentiert den Video-Ausschnitt: Deutschland verschulde sich beim Internationalen Währungsfonds, um das Geld weiter an die EU zu liefern. Stimmt das?

Bewertung

Deutschland, die grösste Volkwirtschaft der EU, bezahlt wie die anderen EU-Mitgliedsstaaten Beiträge an die Europäische Union. Doch eine rein buchhalterische Betrachtung verzerrt das Bild, inwiefern Deutschland von der EU profitiert. Trotz der EU-Beitragszahlungen hat Deutschland keine Zahlungsbilanzdefizite, derentwegen der Internationale Währungsfonds einspringen müsste.

Fakten

Deutschland ist innerhalb der Europäischen Union das bevölkerungsreichste Land und die grösste Volkswirtschaft. Somit zahlt Deutschland auch die grössten Beiträge an den EU-Haushalt, welcher zwar vielschichtig, aber vorwiegend über die direkten Beiträge der Mitgliederstaaten finanziert wird. Der Finanzierungsanteil eines Mitgliedstaates richtet sich nach dessen Wirtschaftskraft. Der konkrete Betrag wird jährlich neu festgelegt, darf aber 1,4 Prozent des Bruttonationaleinkommens des Mitgliedstaates nicht überschreiten.

Die Differenz zwischen Beiträgen an die EU und den von der EU erhaltenen Leistungen ergibt für Deutschland zwar ein negatives Saldo, was Deutschland zu einem Nettozahler macht. Doch aufgrund der rein buchhalterischen Betrachtung lässt sich nicht eruieren, inwiefern Deutschland von der Mitgliedschaft in der Europäischen Union profitiert. So zum Beispiel profitiert Deutschland als Teil der EU von der Integration in den EU-Binnenmarkt. Weiter profitiert Deutschland von der politischen Stabilität und Sicherheit, den freien Personenverkehr, der kollektiven Forschung aber auch vom politischen Einfluss auf internationaler Ebene als Teil der EU.

Das Nettosaldo berücksichtigt diese diversen positiven Effekte für Deutschlands Wirtschaft, Forschung, Politik und Gesellschaft nicht. Die deutsche Bundesregierung betrachtete im Dezember 2023 den Beitrag an die EU als verhältnismässig. Die EU schuldet Deutschalnd aufgrund ihrer Regeln auch keine Rückzahlungen.

IWF als Finanzhilfe bei Krisen

Der Internationalen Währungsfonds (IWF) stellt von Zahlungsbilanzproblemen oder Finanzkrisen betroffenen Ländern finanzielle Unterstützung zur Verfügung. Damit sollen politische Massnahmen zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Stabilität und des nachhaltigen Wachstums ergriffen werden.

Deutschland bezieht vom IWF keine Unterstützungsleistungen. Gemäss dem letzten IWF-Länderbericht vom Juli 2023 wird die deutsche Wirtschaft als widerstandsfähig eingestuft. Zudem schreibt der IWF, das deutsche Finanzsystem bleibe insgesamt gut kapitalisiert und liquide.

(Stand: 15.03.2024) 

Links

Facebook-Post (archiviert, Video archiviert)

EDA: Überblick bilateraler Weg (archiviert)

SVP: Rede von Christoph Blocher, 19.01.2024 (archiviert)

EU: Deutschland in der EU (archiviert)

EU: Einnahmen (archiviert)

EU: Einnahmen der EU – Eigenmittel (archiviert)

EU: EU-Haushalt in Deutschland (archiviert)

Deutsche Behörde: Statistik zu Deutschland im EU-Vergleich 2024 (archiviert)

Deutsche Behörde: Beiträge Deutschlands an die EU, 04.01.2023 (archiviert)

Deutsche Behörde: EU-Haushalt (archiviert

Deutsche Behörde: Einstufung der EU-Beitragszahlungen durch die Bundesregierung, 11.12.2023 (archiviert)

bpb: Nettozahler und Nettoempfänger der EU, 29.09.2023 (archiviert)

IWF: IWF-Kredite (archiviert)

IWF: Verlauf der Kreditzusagen an Deutschland, 29.02.2024 (archiviert)

IWF: Länderbericht Deutschland, 17.09.2023 (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-schweiz@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.