Irreführende Behauptungen

1975 war der menschengemachte Klimawandel schon lange bekannt

31.8.2023, 16:10 (CEST)

Die ansteigenden Temperaturen im Zuge der Klimaerwärmung sind schon länger bekannt. Doch so heiss, wie eine Zeitungsüberschrift vermuten lässt, war es 1975 nicht.

Der Sommer 2023 war der drittwärmste in der Schweiz seit Messbeginn 1864. Im August wurde die bislang längste und intensivste Hitzeperiode registriert, es kam gar zu einem Hitzedom. Hat es derartige Hitzeperioden schon früher gegeben? Am 8. August 1975 erschien in der deutschen «Bild»-Zeitung die Schlagzeile: «40 Grad Hitze - Jetzt wird das Wetter lebensgefährlich!» In einem Instagram-Post wird kommentiert, dass damals der «Klimawandel noch nicht erfunden» worden sei.

Bewertung

Die «Bild»-Titelseite ist zwar echt, die Schlagzeile hingegen irreführend. In der Meldung ging es lediglich um eine Prognose, die im Sommer 1975 gar nicht eintrat. Der Klimawandel war im Jahr 1975 bereits wissenschaftlich belegt und wurde in der Öffentlichkeit diskutiert.

Fakten

Im Sommer 1975 war zwar heiss in Deutschland, 40 Grad Celsius wurde jedoch nirgends im Schatten gemessen, wie die aufgezeichneten Messwerte des Deutschen Wetterdienstes (DWD) beweisen. Generell wird das Jahr 1975 in den Aufzeichnungen mit den heissesten Tagen in Deutschland nicht erwähnt.

Für den Klimawandel ist insbesondere der Treibhauseffekt verantwortlich. Dieser ist tatsächlich schon länger bekannt. 1824 berechnete der französische Physiker Joseph Fourier, dass ein Planet mit der Grösse der Erde im gleichen Abstand zur Sonne viel kühler sein sollte. Er vermutete, dass etwas in der Erdatmosphäre wie eine Isolierdecke funktionierte.

Im Jahr 1856 gelang es der amerikanischen Wissenschaftlerin Eunice Foote den Nachweis, dass Kohlendioxid (CO2) und Wasserdampf in der Erdatmosphäre Strahlung absorbieren, was einen wärmenden Effekt zur Folge hat. Der irische Physiker John Tyndall stellte in den 1860er die These auf, dass kleine Änderungen der atmosphärischen Zusammensetzung das Klima verändern können.

In den 1930er Jahren stellte der britische Ingenieur Guy Stewart Callendar fest, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre angestiegen war und dass sich die Erde jährlich um 0,005 Grad Celsius erwärmt. Diese Veränderung wurde damals positiv wahrgenommen.

1941 warnte der deutsche Meteorologe Hermann Flohn davor, dass der Mensch die Ursache einer globalen Klimaänderung sein könne (Seite 15). Die Gefahr des Klimawandels wurde dann ab den 1970er Jahren  in internationalen Fachgremien diskutiert. Wissenschaftler kritisierten mehrfach den steigenden CO2-Gehalt in der Atmosphäre sowie die politische Untätigkeit, dagegen vorzugehen.

(Stand: 31.8.2023) 

Links

Instagram-Post (archiviert)

Meteo Schweiz: Sommer 2023, 25.08.2023 (archiviert)

Meteo Schweiz: Hitzedom (archiviert)

DWD: 10. August 1975 (archiviert)

DWD: Heissesten Tage Deutschlands (archiviert)

JSTOR Daily: Forschungen zur Klimaerwärmung im 19. Jahrhundert (archiviert)

BBC: Geschichte der Klimaerwärmung (archiviert)

Forschung von Joseph Fourier (archiviert)

Forschung von Eunice Foote (archiviert)

Aufzeichnungen von Eunice Foote (archiviert)

Forschung von John Tyndall (archiviert)

Forschung von Guy Stewart Callendar (archiviert)

Spektrum: Hermann Flohn (archiviert)

Forschung von Hermann Flohn zitiert (archiviert)

AIP: Klimaforschung in den 1970er Jahre (archiviert)

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