Corona-Impfstoff

Keine Neuigkeiten von Pfizer bei Anhörung im EU-Parlament

28.11.2022, 18:11 (CET)

Um die Aussage einer Pfizer-Sprecherin wird ein Skandal konstruiert: Angeblich soll sie ein entscheidendes Detail über den Impfstoff ausgeplaudert haben. Aber die Informationen sind lange bekannt.

Nachdem seit mehr als einem Jahr die Corona-Vakzine von Pfizer/Biontech verabreicht wird, kursieren noch immer Falschbehauptungen im Netz. So heißt es, Pfizer habe bei einer Anhörung im EU-Parlament Mitte Oktober 2022 angeblich folgende «Bombe» platzen lassen: Die Corona-Vakzine wurde vor der Zulassung nicht auf die Verringerung der Übertragung von Sars-CoV-2 getestet. Da dies damals angeblich nicht transparent kommuniziert wurde, seien anschliessend Lockdowns und weitere Massnahmen zur Eindämmung von Covid-19 beschlossen worden. Ausserdem werde die Corona-Impfung auch vulnerablen Personen wie schwangere Frauen empfohlen, obwohl die Auswirkungen auf das Ungeborene unbekannt seien. Stimmen diese Aussagen?

Bewertung

Es wurde zum Zulassungszeitpunkt mehrfach kommuniziert, dass Daten über die Übertragung von Sars-CoV-2 trotz Impfung noch nicht vorlagen. Im Zentrum der Impfung stand der Schutz vor einer schweren Covid-19-Erkrankung. Schwangere waren zunächst von den Impfungen ausgeschlossen, da zu wenig Daten über die Auswirkungen auf Mutter und Kind vorlagen. Mit fortschreitenden Untersuchenden wurde ersichtlich, dass auch für Mutter und Kind die Vorteile einer Corona-Impfung die Risiken übersteigen.

Fakten

Ein im Netz kursierendes Video zeigt eine Rede der Abgeordneten Christine Anderson der Alternative für Deutschland (AfD) im EU-Parlament während einer Pressekonferenz am 19. Oktober 2022. Sie teilte ihre Rede auch auf anderen sozialen Medienkanälen wie Twitter.

In einer Anhörung im Europäischen Parlament am 10. Oktober fragte der rechtskonservative niederländische Europa-Abgeordnete Robert Roos die Pfizer-Sprecherin Janine Small, ob der Corona-Impfstoff Comirnaty vor der Zulassung das Arzneimittel hinsichtlich der Übertragung getestet wurde. Die Pfizer-Sprecherin verneinte dies.

Diese Antwort ist aber nicht neu. So hat die Europäische Arzneimittel-Agentur Ema bereits in ihrer Mitteilung vom 21. Dezember 2020 anlässlich der Zulassung des Pfizer-Impfstoffs festgehalten: «Die Auswirkungen der Impfung mit Comirnaty auf die Verbreitung des Sars-CoV-2-Virus in der Bevölkerung sind noch nicht bekannt. Es ist noch nicht bekannt, inwieweit geimpfte Personen das Virus noch in sich tragen und verbreiten können.» Ähnlich äusserte sich die Ema zwei Monate später in einem weiteren Bericht.

Gemäss dem irischen Nachrichtenportal «The Journal» sagte Pfizer-Chef Albert Bourla im Januar 2021, es sei noch Forschung hinsichtlich der Frage nötig, ob die Impfungen auch die Weiterverbreitung des Virus verhindern könnten. Bei Tierversuchen sei ein signifikanter Schutz vor der Übertragung des Virus registriert worden. Inwiefern dies bei Menschen zutreffe, sei – Stand Januar 2021 – noch nicht abschliessend geklärt.

Auch die Schweizerische Behörde weist in der Impfstrategie vom Dezember 2020 darauf hin, dass die Impfung für den Kampf gegen Corona bedeutend sei. Es gebe aktuell (Stand Dezember 2020) «keine hoch wirksamen medikamentösen Behandlungen», um schwere Verläufe oder Übertragungen auf andere wirksam zu verhindern.

Bei der Corona-Impfstoffabgabe wurde eine Priorisierung der Zielgruppen vorgenommen, denn die Nachfrage war international gross. Da die Komplikationen einer Corona-Infektion je nach Ziel- und Altersgruppe variierten, wurden zunächst die vulnerablen Gruppen geimpft. Nicht-pharmazeutischen Massnahmen wie Hygiene- und Distanzregeln und die Maskenpflicht spielten also weiterhin eine relevante Rolle zur Eindämmung von Sars-CoV-2.

Nicht-pharmazeutische Massnahmen seit März 2020

Diese Massnahmen fanden bereits Monate vor Beginn der Impfkampagne Anwendung. So wurde am 16. März 2020 die ausserordentliche Lage verkündet, was die Schliessung von Läden, Restaurants sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetrieben zur Folge hatte. Die Einreise in die Schweiz wurde stark eingeschränkt, die Visa-Vergabe ausgesetzt. Anfang Juli 2020 wurde dann die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr eingeführt.

Um besonders gefährdete Personen zu schützen und die Überlastung des Gesundheitswesens zu vermeiden, wurden die nicht-pharmazeutischen Massnahmen ergänzend zur Corona-Vakzine zur Bekämpfung von Sars-CoV-2 eingesetzt. Sie blieben bis zur Rückkehr in die normale Lage Anfang April 2022 bestehen. Die Wirksamkeit der nicht-pharmazeutischen Massnahmen wurden in mehreren Studien belegt.

Impfung während der Schwangerschaft

Im EU-Aktionsplan für den Herbst und Winter 2023 werden Schwangere als Risikogruppe aufgeführt, der Corona-Impfungen empfohlen werden. Auch die Schweizer Behörden empfehlen im Oktober 2022 insbesondere Schwangeren und ältere Menschen eine Auffrischungsimpfung.

Schwangere sind eher gefährdet, bei einer Covid-19-Erkrankung einen schweren Verlauf zu erleiden. Das Risiko für Komplikationen, die die Schwangerschaft sowie die Entwicklung des Ungeborenen beeinträchtigen, sind folglich erhöht. Auch das Risiko einer Frühgeburt mit den möglichen Folgen für das Neugeborene sowie einer Totgeburt sind erhöht. Daher wird Frauen, die schwanger sind oder dies planen, empfohlen, sich gegen Sars-CoV-2 zu impfen.

Links

Artikel Uncut-News (archiviert)

EU: Christine Anderson (archiviert)

Homepage Christine Anderson: Pressekonferenz, 19.10.2022 (archiviert)

Tweet mit Video (archiviert, Video archiviert)

EU: Anhörung mit Pfizer im EU-Parlament, 10.10.2022 (archiviert)

EU: Video mit Antwort der Pfizer-Sprecherin, 10.10.2022 (archiviert)

Ema: Mitteilung über die Covid-19-Vakzine Comirnaty, 21.12.2020 (archiviert)

Ema: Impfstoffbewertungsbericht zu Pfizer, 19.2.2021 (archiviert)

The Journal: Aussage von Pfizer-Chef Bourla (archiviert)

BAG: Covid-19-Impfstrategie, Stand 16.12.2020 (archiviert)

BAG: Covid-19-Impfstrategie, Stand 14.4.2021 (archiviert)

Bundesrat: Medienmitteilung zur «ausserordentlichen Lage», 16.03.2020 (archiviert)

Bundesrat: Medienmitteilung über die Einstellung der Visa-Vergabe, 18.3.2020 (archiviert)

Bundesrat: Medienmitteilung zur Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr, 1.7.2020 (archiviert)

Bundesrat: Rückkehr in die normale Lage, 30.3.2022 (archiviert)

Swissmedic: Zulassung des Covid-19-Impfstoffes von Pfizer/Biontech, 19.20.2020 (archiviert)

WBF: Wirksamkeit nicht-pharmazeutischer Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus, Juli 2020 (archiviert)

The Lancet: Studie über nicht-pharmazeutische Massnahmen zur Eindämmung von Sars-CoV-2, 01.06.2020 (archiviert)

EU: Covid-19-Vorbereitungsplan für Herbst und Winter 2023, 2.9.2022 (archiviert)

BAG: Medienmitteilung zur Covid-Auffrischungsimpfung, 6.10.2022 (archiviert)

BAG: Impfempfehlung für Covid-19-Imfpung Herbst 2022, 7.9.2022 (archiviert)

BAG: FAQ Coronavirus (archiviert)

CDC: Covid-Impfung während der Schwangerschaft, 20.10.2022 (archiviert)

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