Foto zeigt in Irpin getötete Frau - Facebook-Post war missverständlich formuliert

18.5.2022, 11:24 (CEST), letztes Update: 18.5.2022, 11:27 (CEST)

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Die Gräueltaten von Butscha gingen um den Globus. Die Behauptung, bei den Ermordungen handle es sich um bewusste Inszenierungen durch die Ukraine, kursieren weiterhin. So auch im folgenden Facebook-Post, wonach sich angeblich ein Nachruf einer Ukrainerin verbreitet (archiviert). «Von Russen vergewaltigt und ermordet, nur weil sie Ukrainer sind», steht im Post, beigefügt ist ein Selfie einer jungen Frau sowie auf einem zweiten Foto ist ein anscheinend lebloser Körper zu sehen. In Wahrheit handle es sich in beiden Fotos um ein lebendes Mädchen, so der Kommentar. Und weiter: «Sie organisierte dieses Fotoshooting mit sich selbst in der Hauptrolle.»

Bewertung

Es handelt sich bei dem Bild der toten Frau nicht um eine Inszenierung. Sie ist auch auf den Bildern und in Videos eines Fotojournalisten aus Irpin zu finden. Die auf dem Selfie abgebildete Ukrainerin hat lediglich darüber geschrieben, dass ihr dasselbe hätte wiederfahren können.

Fakten

Im Text über den zwei Fotos im Screenshot wird gar nicht behauptet, dass die tote Frau und die Frau im Spiegel, die sich selbst fotografiert, dieselbe Person sein sollte. Es steht dort lediglich: «Hallo Welt. Mein Name ist Nastia. Ich bin Ukrainerin. Mein Foto ist links. Das Foto rechts hätte ich sein können. Es hätte jede von uns sein können. Vergewaltigt und getötet von Russen, nur weil sie Ukrainerin ist.»

Es wird ersichtlich, dass sich die Frau, von der das Selfie stammt, lediglich vorgestellt hat, dass ihr dasselbe hätte wiederfahren können.

Anhand des ursprünglichen Facebook-Post lässt sich erahnen, wie das Missverständnis entstanden ist. Die Userin kommentierte die zwei Fotos zuerst wie folgt: «Das ist mein Foto links. Aber das ist auch mein Foto rechts. Jede von uns könnte von Russen vergewaltigt und getötet worden sein. Nur weil wir Ukrainerinnen sind.» Einen Tag später wurde der Text geändert: «Mein Foto ist links. Das Foto rechts hätte ich sein können. Es hätte jede von uns sein können.»

Als die Userin mitbekam, dass ihre Formulierung zu Missverständnissen führte, entschuldigte sie sich in einem anderen Facebook-Post und erklärte die Situation. Sie sei am Leben, der Post sollte auf die Situation in der Ukraine aufmerksam machen - in der Hoffnung, dass das Engagement für eine Beendigung des Krieges forciert werde. Von einem Fotoshooting ist nichts zu lesen.

Die Userin verortete den Post in Butscha, nördlich von Kiew. Das Foto mit der Toten wurde im nahen Irpin aufgenommen. Es ist auch beim französischen öffentlich-rechtlichen Senders France 2 in einem Videobeitrag aus Irpin zu sehen (etwa ab Minute 2:20). Auch im Magazin «Politico» ist ein Foto ihrer Hand zu sehen, ebenfalls mit Ortsangabe Irpin.

Die Aufnahme entstand in der Metschnikow-Strae (Mechnykova) in Irpin. Mithilfe der Überreste des Hauses und des leuchtend roten Zauns gelang die Geolokalisierung. Die junge Frau soll gemäss dem Beitrag bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen sein. Von einer Vergewaltigung wird nicht berichtet.

(Stand: 18.5.2022)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Screenshot (archiviert)

Telegram-Post (archiviert)

Original-Beitrag von Nastia Savchyshyn auf Facebook

Bearbeitungsverlauf des Facebook-Beitrags

Weiterer Beitrag mit Klarstellung von Nastia Savchyshyn auf Facebook (archiviert)

Bilder der Toten aus Irpin in Videobeitrag bei France 2, (ab Minute 2:20) (archiviert, Video archiviert)

Fundort der Frauenleiche in der Metschnikow-Straße (Mechnykova) in Irpin (archiviert)

Weitere Ansicht des Fundorts der Frauenleiche in der Metschnikow-Straße (Mechnykova) in Irpin (archiviert)

Foto der Hand der Toten aus Irpin im Magazin «Politico» (archiviert)

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