Medien berichteten über die Änderungen der Impfempfehlungen in Skandinavien

20.10.2021, 09:13 (CEST)

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist Covid-19 täglich in der medialen Diskussion. Doch über die Einstellung der Abgabe des Covid-19-Impfstoffes des Hersteller Moderna in Dänemark und Schweden an unter 30-Jährige hätten die «Staatsmedien» nicht berichtet. So lautet eine in den sozialen Medien (archiviert) kursierenden Behauptung. Haben Schweizer Medien nicht über die Entscheide der dänischen und schwedischen Behörden berichtet und gibt es «Staatsmedien»?

Bewertung

Die Behauptung ist falsch. Schweizer Medien berichteten sehr wohl darüber, dass skandinavische Länder die Abgabe des Covid-19-Vakzins von Moderna an Minderjährige und teilweise auch an unter 30-jährige Männer einschränken. In der Schweiz gibt es keine Staatsmedien – die Schweizer Medien sind privatwirtschaftlich oder öffentlich-rechtlich organisiert.

Fakten

Sämtliche skandinavischen Länder haben die Abgabe der Covid-19-Impfung Spikevax des Herstellers Moderna an junge Männer Anfang Oktober 2021 eingeschränkt. Eine unveröffentlichte Studie registrierte bei Jungen und bei Männern unter 30 Jahren vermehrt Myokarditis, eine Entzündung des Herzmuskels. Diese trat vor allem nach der zweiten Spikevax-Dosis auf.

Aufgrund dieser Studiendaten beschränkten sämtliche nordischen Staaten die Verabreichung des Covid-19-Impfstoffs von Moderna. Am 6. Oktober 2021 änderten drei Staaten die Impfempfehlung: Die dänische Behörde empfahl, unter 18-Jährigen ausschliesslich den Impfstoff von Pfizer/Biontech zu verabreichen. Die norwegische Behörde empfiehlt zusätzlich, für alle Männer unter 30 Jahren ebenfalls den Impfstoff von Pfizer/Biontech zu wählen. Schweden stellte die Abgabe von Spikevax an alle mit Jahrgang 1991 und jünger bis Anfang Dezember komplett ein.

Einen Tag später gab auch die finnische Behörde die Empfehlung heraus, Männern unter 30 Jahren nur den Impfstoff von Pfizer/Biontech zu verabreichen. Am 8. Oktober informierte Island, auf die Verwendung von Spikevax gänzlich zu verzichten.

Die Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA hat über die Entscheide der dänischen und schwedischen Behörden am 6. Oktober berichtet. Die Meldung wurde am gleichen Tag von der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) aufgenommen. Die Meldung wurde also einen Tag vor dem Tweet von Schweizer und von internationalen Medien aufgenommen und in den folgenden Tagen mehrfachthematisiert.

Staatsmedien gibt es in der Schweiz keine. Die SRG ist ein öffentlich-rechtliches Medienunternehmen. Sie finanziert sich unter anderem mit den Einnahmen aus der Medienabgabe und erfüllt einen politisch vorgegebenen Auftrag. Redaktionell berichtet sie unabhängig.

Die skandinavischen Staaten verweisen in ihrer Mitteilung jeweils auf dieselbe Studie, welche die Häufigkeit von Herzmuskelentzündung und Herzbeutelentzündung (Perikarditis) nach einer Covid-19-Impfung untersucht. Dafür kooperierten die nordischen Gesundheitsbehörden. Es beteiligten sich das Labor der dänischen Gesundheitsbehörden Statens Serum Institut, die schwedische Aufsichtsbehörde für Arzneimittel Läkemedelsverket, das norwegische Institut für öffentliche Gesundheit Folkehelseinstituttet sowie das finnische Gesundheitsinstitut Instituttet for hälsa och välfärd (THL).

Die Studie ist noch nicht abgeschlossen, sie wird aktuell von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) bewertet. Endgültige Ergebnisse werden erst im November erwartet. Auch internationale Studien zu Myokarditis nach einer Covid-Impfung verfolgen skandinavische Länder. Je nach Ergebnis schliessen die Staaten eine erneute Änderung der Impfempfehlung nicht aus.

Das norwegische Gesundheitsinstitut betonte, Herzmuskelentzündungen nach der mRNA-Impfung seien rar, und das absolute Risiko sei gering. Nach der Injektion des Impfstoffes von Moderna sowie von Pfizer/Biontech könne Myokarditis auftreten, sie wurde jedoch häufiger bei der Verwendung von Spikevax beobachtet.

Die EMA wies bereits im Juli 2021 auf seltene Fälle von Myokarditis und Perikarditis nach einer Impfung mit den mRNA-Imfpstoffen von Pfizer/Biontech und Moderna hin. Myokarditis und Perikarditis seien neu als Nebenwirkungen in den Produktinformationen für diese Impfstoffe aufzulisten, so die EMA. Sie bestätigt, dass der Nutzen der zugelassenen Covid-19-Impfungen weiterhin die Risiken übersteigt. Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic bewertete Mitte Oktober das Nutzen-Risiko-Verhältnis der zugelassenen Impfstoffe ebenfalls als positiv.

(Stand: 20.10.2021)

Links

Tweet (archiviert)

Medienmitteilung zur Änderung der Impfempfehlung von Spikevax:

- Dänemark, 06.10.2021 (archiviert)

- Schweden, 06.10.2021 (archiviert)

- Norwegen, 06.10.2021 (archiviert)

- Finnland, 07.10.2021 (archiviert)

- Island, 08.10.2021 (archiviert)

Berichterstattung über die Entscheide der skandinavischen Länder:

- Swissinfo, 06.10.2021 (archiviert)

- Blick, 06.10.2021

- NZZ, 07.10.2021

- SRF, 08.10.2021

- Reuters, 06.10.2021

- Reuters, 07.10.2021

- FAZ, 06.10.2021

SRG: Politischer Rahmen und Auftrag (archiviert)

UVEK: Service Public in Radio und Fernsehen (archiviert)

UVEK: Förderung der Medienlandschaft (archiviert)

UVEK: Presseförderung (archiviert)

EMA: Medienmitteilung über Myokarditis und Perikarditis im Zusammenhang mit der mRNA-Impfung, 09.07.2021 (archiviert)

Swissmedic: Produktinformation Spikevax (archiviert)

Swissmedic: Nutzen-Risiko-Analyse, 15.10.2021 (archiviert)

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