Vereinbarung zwischen Moderna und US-Behörde von 2019 betraf Mers-Erreger
2.8.2021, 14:53 (CEST)
Die Entwicklung von Impfstoffen gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 dauerte nur wenige Monate. Eine Facebook-Seite behauptet (archiviert), der mRNA-Impfstoff des Herstellers Moderna sei schon im Dezember 2019 entwickelt worden. «Geheimdokumente» sollen angeblich zeigen, dass Moderna und das National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) der USA bereits vor Pandemiebeginn Vereinbarungen zur Impfstoffentwicklung getroffen haben.
Bewertung
Der Kontext der Dokumente ist falsch. Moderna und NIAID haben tatsächlich Vereinbarungen zur Entwicklung von Impfstoffen gegen Coronaviren getroffen. Dabei ging es jedoch um das Mers-Coronavirus und nicht um Sars-CoV-2, das die Lungenkrankheit Covid-19 auslöst.
Fakten
Der Facebook-Beitrag verweist auf einen deutschsprachigen Blogartikel. Dieser wiederum beruht auf einem Bericht der britischen Desinformations-Website «Daily Expose», in dem angeblich vertrauliche Dokumente zitiert werden. Das deutschsprachige Blog mit einem schweizerischen Impressum schreibt unter Berufung auf «Daily Expose»: Es gab «im Jahr 2019 kein einzigartiges Coronavirus, das eine Bedrohung für die Menschheit darstellte und einen Impfstoff gerechtfertigt hätte». Der Artikel endet mit der Frage: «Ist das nur Zufall, oder wussten Moderna und Anthony Fauci’s NIAID etwas, das wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten?»
Der Hintergrund der Dokumente ist aber tatsächlich viel banaler, als in den Artikeln und auf Facebook angedeutet wird. Über die Dokumente hatte die US-Nachrichtenseite «Axios» bereits am 25. Juni 2020 berichtet. Deren Artikel zufolge könnten die National Institutes of Health (NHI) der USA geistiges Eigentum an Modernas Covid-19-Impfstoff besitzen. Seit mehreren Jahren arbeite das NIH zusammen mit Moderna an der Erforschung von Coronaviren.
«Axios» hatte betont, dass die Vereinbarung nicht auf das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 ausgerichtet ist und vor dessen Sequenzierung unterzeichnet wurde. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erhielt die genetischen Sequenzen für Sars-CoV-2 am 11. Januar 2020 von den chinesischen Behörden.
Im nun zitierten Dokument von Moderna und dem NIAID wird auf Seite 83 erwähnt, dass es sich bei der Vereinbarung um einen mRNA-Impfstoff gegen Mers handelt. Dessen Erreger ist ebenfalls ein Coronavirus ist. Dies haben auch eine ebenfalls beteiligte Universität im US-Bundesstaat North Carolina gegenüber der Nachrichtenagentur AFP und das NIAID gegenüber Faktencheckern von «Lead Stories» bestätigt.
Es existieren mehrere Typen von Coronaviren. Die Viren Sars-CoV-1 und Mers zirkulierten in den Jahren 2002 beziehungsweise 2012 beim Menschen endemisch und lösten ebenfalls schwere Atemwegserkrankungen aus. Aktuell kursiert Sars-CoV-2 weltweit. Das pandemische Potenzial der Coronaviren war schon länger bekannt. Folglich forschten auch andere Institutionen vor Ausbruch der aktuellen Pandemie an Coronaviren und deren Bekämpfung.
Ähnliche Behauptungen sind auch in Belgien, den Niederlanden und in Deutschland aufgetaucht.
(Stand: 29.7.2021)
Links
Artikel von «Axios» (25.6.2020) (archiviert)
Vereinbarung zwischen NIAID und Moderna, Dezember 2019 (archiviert)
WHO: Timeline zu Covid-19 (archiviert)
PharmaWiki :
- Mers (archiviert)
- Sars-CoV-1 (archiviert)
- Sars-CoV-2 (archiviert)
AFP-Faktencheck (25.6.2021) (archiviert)
«Lead Stories»-Faktencheck (22.6.2021) (archiviert)
Medizinisches Lexikon: Coronavirus (archiviert)
SNF: Projekt zur Entwicklung von Impfstoffen gegen Coronaviren (archiviert)
Infovac: Hindernisse bei der Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen (archiviert)
dpa-Faktenchecks:
- Belgien
Kontakt zum Faktencheck-Team der dpa: factcheck-schweiz@dpa.com