Auch Menschen ohne bestätigte Covid-19-Infektion können krank sein

Heuschnuppen, Hautkrebs oder eine Covid-19-Infektion - welcher Anteil der Bevölkerung ist gesund und welcher krank? In einem Sharepic (archiviert), das auf Facebook kursiert, wird eine Anzahl der nicht-neu-infizierten Schweizerinnen und Schweizer angeben. Insgesamt sollen dies 99,974 Prozent der Bevölkerung sein. Im Kommentar dazu heisst es, es sei nicht zu vergessen, dass die Schweizer Bevölkerung gesund sei.

Bewertung

Die Aussage ist irreführend. In der Schweiz sind mehr Menschen krank als hier suggeriert wird. Sollten die Zahlen sich ausschliesslich auf Sars-CoV-2-Infizierte beziehen, sind weder die Dunkelziffer noch die Fälle von Long-Covid berücksichtigt.

Fakten

Wie viele Schweizerinnen und Schweizer gesund sind, lässt sich kaum ermitteln. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit Sitz in Genf definiert «Gesundheit» als: «ein Zustand vollständigen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit oder Gebrechen.»

Im Jahre 2018 starben in der Schweiz 67'088 Menschen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Krebs sind die häufigsten Todesursachen. Bei den äusseren Ursachen führen vor allem Unfälle und Suizide die Statistiken an.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die psychische Gesundheit. «In der Schweiz ist im Laufe eines Jahres bis zu einem Drittel der Bevölkerung von einer psychischen Krankheit betroffen.» Psychische Probleme gehörten damit zu den am meisten verbreiteten Erkrankungen überhaupt, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG).

Covid-Pandemie und das psychische Wohlbefinden: Ein kleiner Anteil der Schweizer Bevölkerung wurde aufgrund der Situation erheblich in Wohlbefinden und psychischer Gesundheit beeinträchtigt. Zu diesem Fazit kam das Forschungsinstitut Bass - Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien. Vorbestehende Belastungen und Vulnerabilitäten wurden von der anhaltenden Krisensituation verstärkt. Insbesondere Jüngere sind von den psychischen Folgen der Pandemie stärker betroffen als ältere Generationen.

Suizide sowie Suizidversuche sollen nach ersten Trendeinschätzungen während der Pandemie zugenommen haben. «Zu beobachten ist ausserdem die Entwicklung des psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsbedarfs in Zusammenhang mit Langzeitfolgen von Covid-19 («Long Covid»)», so die Studienautoren. Ferner schreibt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass Pandemie werde sich auf die psychische Gesundheit langfristig und weitreichend auswirken. 

Die Covid-Statistik hingegen erfasst lediglich die kumulierten absoluten Zahlen positiv getesteten Personen. Erfasst werden zudem der Tageswert und der Sieben-Tage-Durchschnitt beziehungsweise der Vierzehn-Tage-Wert. Sie stellen eine Momentaufnahme dar und sagen wenig über Langzeitfolgen aus. Im Fokus stehen die laborbestätigten Covid-Fälle. Die Dunkelziffer findet keine Berücksichtigung. Die Statistik wird laufend den Nachmeldungen entsprechend aktualisiert.

Der Allgemeine Gesundheitszustand wurde letztmals statistisch im Jahre 2017 ermittelt. «86% der Männer und 84% der Frauen bezeichnen ihren allgemeinen Gesundheitszustand als gut oder sehr gut», schreibt das Bundesamt für Statistik (BFS). In den höchsten Altersklasse ist jedoch der Anteil der Personen mit chronischen Gesundheitsproblemen dreimal höher. Bei den körperlichen Beschwerden dominieren Rücken- oder Kreuzschmerzen sowie allgemeine Schwäche.

In der Schweiz sind wesentlich mehr Menschen gesundheitlich beeinträchtigt, als es der Facebook-Post suggeriert. Ähnliche Zahlen kursierten bereits für Deutschland, die von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) ebenfalls widerlegt wurden.

(Stand: 23.7.2021)