Kein Verbot geplant

Textilien aus Baumwolle bleiben in der EU erlaubt

9.1.2025, 22:01 (CET), letztes Update: 10.1.2025, 08:26 (CET)

Wer sein Publikum so richtig aufregen will, erzählt ihm eine Schauergeschichte über neue EU-Vorschriften. Manche schrecken dabei auch vor dem Griff nach T-Shirt oder Bluse nicht zurück.

Angeblich will die EU Textilien aus Baumwolle verbieten. «Jetzt plant die EU sogar das Baumwollverbot», wird in einem Video behauptet, zu dem ein Facebook-Post aus Luxemburg verlinkt. Der Sprecher sagt voraus: «Es wird dazu kommen, dass 2030 oder spätestens 2050 wir in Deutschland und speziell der EU keine Baumwolle mehr kaufen dürfen.»

Bewertung

Das ist falsch. Die EU plant kein Verbot von Baumwolle.

Fakten

Der Sprecher im Video beruft sich auf einen Bericht über einen Artikel der Webseite «Fashion United», welche wiederum mitteilt, dass der von ihr veröffentlichte Text von «Fashion Power» verfasst worden sei. Dabei handelt es sich um einen niederländischen Kleidungshersteller, der nach eigenen Angaben besonders großen Wert auf Nachhaltigkeit seiner Produkte legt und sich auch eine Webseite mit «Fashion United» teilt.  

In dem fraglichen Artikel ist die Überschrift «Baumwollverbot in Europa bis 2030?» allerdings mit einem Fragezeichen versehen. Die Zukunft von Baumwolle erscheine ungewiss, weil Baumwolle die EU-Vorgaben für 2030 nicht erfülle. Die sähen vor, dass 50 Prozent der Textilien recycelbar und 25 Prozent vollständig «kreislauffähig» sein sollen. Das sei mit Baumwolle nicht möglich.

Nirgendwo in dem Artikel wird definitiv behauptet, dass ein Verbot von Baumwolle tatsächlich geplant sei. Das wird lediglich spekulativ als eine Möglichkeit geschildert: «Auch wenn ein Baumwollverbot drastisch erscheint, könnte es langfristig notwendig sein.»

In dem Video hingegen wird behauptet, das Baumwollverbot werde «zu massiven Problemen führen». Man werde dann unbequeme, kratzende Kunstfaserstoffe tragen müssen: «Die EU geht einfach vor, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was es für Konsequenzen haben wird, was es für Folgen haben wird», kritisiert der Sprecher. Nach dem Baumwollverbot blieben nur zwei Möglichkeiten. Die Firmen könnten dann «nicht mehr Baumwolle zur Produktion verwenden». Oder «wir treten aus der EU aus», wie es auch die AfD fordere. 

EU: Haben kein solches Verbot und planen es nicht

«Es gibt derzeit keine EU-Gesetzgebung, die Baumwolle verbietet. Und es gibt auch keine Pläne, Baumwolle in der Zukunft zu verbieten», sagte eine Sprecherin der EU-Kommission auf Anfrage von dpa-factchecking. Die behaupteten Zielwerte für 2030 und 2050 gebe es in der EU-Gesetzgebung zur Kreislaufwirtschaft nicht. Nach einer Änderung der Abfallrichtlinie sei ab Januar 2025 allerdings vorgeschrieben, dass Textilien gesondert eingesammelt und möglichst wiederverwertet werden sollten.

Mithilfe der Änderung der Richtlinie wurde auch eine erweiterte Hersteller-Verantwortung für das Management von Textilabfällen festgelegt. Die Kommissionssprecherin betonte, dass dabei keine spezifischen Ziele für Textilien vorgesehen sein. Der im März 2020 veröffentlichte «Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft» sieht solche Ziele ebensowenig vor.

In der sogenannten «Ökodesign»-Verordnung der EU vom Juni 2024 heißt es, Textilien, vor allem Bekleidung und Schuhwerk, gehörten zu jenen Produktgruppen, um deren Nachhaltigkeit man sich vorrangig kümmern müsse. Die Vernichtung von Textilien und Schuhen durch Verbraucher werde zunehmend zu einem Umweltproblem in der gesamten EU.

Bekleidung der Europäer verbraucht viele Ressourcen

«Unnötig hohe» Produktionsmengen und kurze Nutzungsdauer von Textilien hätten erhebliche Umweltauswirkungen, heißt es weiter. Pro EU-Bürger seien im Jahr 2020 für den Textilverbrauch 400 Quadratmeter Land, 9 Kubikmeter Wasser und 391 Kilo Rohstoffe gebraucht worden. Die weltweite Textilfaserproduktion habe sich in 20 Jahren bis zum Jahr 2020 auf 109 Millionen Tonnen fast verdoppelt. Sie werde bis 2030 weiter ansteigen.

Auch ein Sprecher der in Kopenhagen ansässigen europäischen Umweltagentur (EEA) sagte: «Die EU wird Baumwolle nicht verbieten.» Allerdings werde man weiterhin versuchen, das Recycling und die Mehrfachverwendung von Textilien und damit die Nachhaltigkeit des Textilsektors insgesamt zu verbessern.

In einer Mitteilung der EU-Kommission vom März 2022 über eine nachhaltige und kreislauffähige Textilwirtschaft heißt es, man strebe 2030 einen wettbewerbsfähigen Textilbereich an, in dem die Hersteller die Verantwortung für ihre Produkte während der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zum Abfall übernehmen. Es gehe darum, Textilfasern mit innovativen Methoden zu recyceln und auf das Verbrennen und Vergraben von Textilien so weit wie möglich zu verzichten.

Die EU fördert unter anderem ein Forschungsprojekt New Cotton, bei dem es darum geht, stark baumwollhaltigen Textilabfall in neue Fasern umzuwandeln, die wieder zu Textilien verarbeitet werden können.

(Stand 9.1.2025)

Hinweis: Dieser Artikel wurde aus technischen Gründen ohne inhaltliche Änderung wiederholt.

Links

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Fashion United, archiviert

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Abfallrichtlinie, archiviert 

EU-Aktionsplan Kreislaufwirtschaft, archiviert

«Ökodesign»-Verordnung, archiviert

Mitteilung der Kommissionarchiviert

Forschungsprojekt New Cotton, archiviert 

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