Keine Truppenstationierung

Deutsches Marinekommando entspricht Zwei-plus-vier-Vertrag

21.10.2024, 18:04 (CEST)

Die Nato richtet angeblich ein neues Hauptquartier in Rostock ein. Manche sehen darin einen Verstoß gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag, der eine Grundlage der deutschen Wiedervereinigung von 1990 ist.

Das neue «NATO-Hauptquartier» gefährde die Wiedervereinigung, wird in sozialen Netzwerken behauptet. So heißt es in einem Facebook-Post aus Luxemburg: «Seit heute gibt es ein neues NATO-Hauptquartier in Rostock. Das ist ein Bruch des Zwei-Plus-Vier-Vertrages. Dadurch wird nun die deutsche Einheit gefährdet und das DDR-Gebiet zur Zielscheibe.» Stimmt das oder ist es reine Angstmache?

Bewertung

In Rostock gibt es ein neues Hauptquartier der deutschen Marine. Dort arbeiten auch Offiziere aus anderen Nato-Ländern. Dies verstößt nicht gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag, weil dies keine Truppenstationierung ist. 

Fakten

Der Luxemburger Facebook-Post ist identisch mit einem Post eines Accounts, der in der Vergangenheit sehr positiv über Entwicklungen in Russland berichtete, beim Kurznachrichtendienst X.

Dabei geht es um das am 21.10.2024 von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) eröffnete «Commander Task Force Baltic» (CTF). «CTF Baltic ist ein nationales Hauptquartier mit multinationaler Beteiligung», heißt es in einer Mitteilung der Bundeswehr. Es wird von einem deutschen Admiral geführt. Neben Deutschland sind noch elf weitere Nationen personell am «CTF Baltic» beteiligt.

In dieser Mitteilung heißt es, Pistorius eröffne ein «neues maritimes taktisches Hauptquartier für die NATO». Die in Rostock ansässige «Ostsee-Zeitung» berichtete am 14. Oktober unter der Überschrift: «Aus Angst vor Russland: Nato eröffnet neues Hauptquartier in Rostock». Die Behauptung, dies sei ein Verstoß gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag, findet sich dort nicht.

Die Aufgabe des seit 2017 geplanten «CTF Baltic» ist es nach Angaben des deutschen Verteidigungsministeriums, der NATO rund um die Uhr «ein aktuelles maritimes Lagebild» zu vermitteln. «Dieses Lagebild soll einerseits militärische und zivile Daten zusammenführen, andererseits alle militärischen Dimensionen umfassen.» 60 der 180 Posten würden von Soldaten aus den Partnerländern Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen und Schweden besetzt.

Schon bisher arbeiteten im Führungsstab «German Maritime Forces» (Marfor) etwa 25 «multinationale Austausch- und Verbindungsoffiziere» mit, ohne dass dies zu irgendwelchen Diskussionen über den Zwei-plus-Vier-Vertrag geführt hätte.

Bei der offiziellen Eröffnung des «CTF Baltic» machte Pistorius ausdrücklich klar, dass es sich beim CTF Baltic nicht um ein neues Nato-Hauptquartier, sondern um ein nationales Hauptquartier mit multinationaler Beteiligung handele, wo keine Nato-Truppen stationiert seien. Es sei damit kein Verstoß gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag. Deutschland arbeite mit der Nato zusammen, und das sei selbstverständlich. Der Minister reagierte damit auch auf die Behauptung in den sozialen Medien.

Vertrag verbietet Stationierung fremder Truppen

Der Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. November 1990 ist die Grundlage für die deutsche Wiedervereinigung. Er wurde zwischen den vier Siegermächten des Zweiten Weltkrieges (Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion, USA) und der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik abgeschlossen.

In dem Vertrag wurde unter anderem der Abzug der sowjetischen Streitkräfte aus der DDR geregelt. Zudem wurde für die Streitkräfte des wiedervereinigten Deutschland eine Obergrenze von 370.000 Mann festgelegt. Das ist deutlich mehr als die tatsächliche jetzige Stärke von etwa 180.000 Soldatinnen und Soldaten.

Die Behauptungen in den sozialen Medien beziehen sich auf Art. 5 des Vertrages, der im dritten Absatz unter anderem erlaubt, dass in der bisherigen DDR deutsche Streitkräfte stationiert sein dürfen, die ebenfalls in das Nato-Bündnis integriert sind. Zudem schreibt der Vertrag unter Bezug auf das frühere DDR-Gebiet fest: «Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.»

Der Einsatz einer geringen Zahl von unbewaffneten Militärangehörigen anderer Bündnisstaaten ist jedoch keine Stationierung von Streitkräften im Sinne dieses Vertrages. Dass diese Deutung auch der russischen Sichtweise entspricht, wird unter anderem in der Grundakte über die Beziehungen zwischen der NATO und Russland vom Mai 1997 deutlich. Darin war Russland damit einverstanden, dass die Nato auf die «zusätzliche ständige Stationierung substanzieller Kampftruppen» verzichtete. Diese Formulierung zeigt deutlich, worum es Russland damals ging.

Der Zwei-plus-Vier-Vertrag war schon früher Gegenstand fantasievoller Falschmeldungen. Im April 2022 beispielsweise wurde ebenfalls auf Facebook behauptet, Russland habe der Bundesregierung mitgeteilt, dass der Vertrag wegen Waffenlieferungen an die Ukraine für nichtig erklärt worden sei. Tatsächlich war die Behauptung frei erfunden: Der Zwei-plus-Vier-Vertrag gilt unverändert.

(Stand 21.10.2023)

Links

Facebook-Post(archiviert)

Post bei X (archiviert)

Artikel Ostsee-Zeitung, archiviert

Angaben des Bundesverteidigungsministeriums (archiviert)

German Maritime Forces (archiviert)

Pistorius bei der Eröffnung (archiviert)

Zwei-plus-Vier-Vertrag (archiviert)

Bundestag zum Vertrag (archiviert)

NATO-Russland-Grundakte (archiviert)

Fake Post Facebook (archiviert)

Faktencheck Correctiv (archiviert)

Faktencheck AFP (archiviert)

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