Erfundene Zitate, keine Doku

Alte und neue falsche Behauptungen über Mel Gibson

19.06.2023, 18:51 (CEST)

US-Schauspieler Mel Gibson (67) ist im Laufe seiner langen Karriere mit kontroversen Äußerungen schon in manches Fettnäpfchen getreten. Manche Sätze allerdings hat er nie gesagt.

Allen Dementis zum Trotz halten sich in sozialen Medien hartnäckige Gerüchte, wonach Gibson die «Eliten» in Hollywood beschuldigt, Kinder zu missbrauchen und deren Blut zu trinken. Nun wird auch behauptet, Gibson arbeite an einer vierteiligen Fernsehdokumentation über Kinderhandel und sexuelle Ausbeutung von Kindern.

Bewertung

Die alten Behauptungen über Gibsons angebliche Äußerungen bleiben unwahr. Er hat nicht gesagt, dass in Hollywood das Blut von Kindern getrunken werde. Auch Berichte über seine angebliche Beteiligung an einer Fernsehdokumentation über Kinderhandel sind falsch.

Fakten

Ein Facebook-Post aus Luxemburg enthält zum einen ein Video vom 7. Januar 2023, in dem Tim Ballard, der in den USA eine Organisation gegen Kinderhandel gegründet hat, über Mel Gibson spricht.

Zum anderen wird dort ein Screenshot einer französischsprachigen Version der Webseite amg-news.com gezeigt, die die Überschrift trägt: «Mel Gibson: Die Eliten von Hollywood "töten unschuldige Kinder und trinken deren Blut"». Der zu diesem Screenshot gehörende Artikel wiederholt angebliche Äußerungen Gibsons, die spätestens seit 2017 immer wieder dementiert wurden.

Bei dem Video handelt es sich um einen Ausschnitt einer Rede Ballards vor dem rechtskonservativen und streng religiösen «Utah Eagle Forum» in Salt Lake City. Ballard ist nach eigenen Angaben ein einstiger Geheimagent, der den öffentlichen Dienst verließ, um gegen Menschen- und insbesondere Kinderhandel zu kämpfen. Er ist Gründer der Organisation «Operation Underground Railroad» (OUR), die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Kinder zu befreien. Derzeit bereitet er die für Sommer geplante Premiere eines Spielfilms über sein eigenes Leben vor.

Die angebliche Doku-Reihe

In der Rede sagt Ballard (0:09), nach der russischen Invasion der Ukraine habe Mel Gibson ihn angerufen und gefragt, ob er (Ballard) 13 Waisenkinder in Sicherheit bringen könne, die Gibson dort unterstützte. Ballard sagte, da er auch für seine Frau Kinder aus der Ukraine retten wollte, habe er Gibson gesagt, diese Aktion werde teuer. Er habe Gibson gefragt, ob dieser nicht dabei helfen könne, aus der Rettungsaktion einen Film zu machen. Dies habe Gibson dann auch zugesagt: «No problem». «Er half uns, mit dem Filmen anzufangen», sagte Ballard. «Vier Monate später war aus dem, was ich für eine Dokumentation über die Ukraine hielt, eine vierteilige Doku-Serie geworden, die fast fertig ist.»

Nach Berichten über Gibsons angebliche Filmpläne in Sachen Kinderhandel dementierte der Sprecher des Hollywood-Stars, Alan Nierob, diese Behauptungen energisch. «Er macht überhaupt keine Dokumentation», teilte Nierob der Nachrichtenagentur AP mit. Gibson finanziere auch keine mehrteilige Doku irgendeiner Art. Kurz darauf erklärte auch Ballard auf der Webseite seiner Organisation, er danke Gibson für «seine Initiative, unsere wichtige Arbeit voranzubringen»: «Berichte, dass diese vierteilige Doku-Serie von Gibson produziert wird, sind nicht korrekt.»

Die angeblichen Gibson-Zitate

In dem Artikel auf der Webseite von amg-news.com, die besonders intensiv über Behauptungen der Verschwörungsgruppe QAnon berichtet, heißt es, Gibson habe Hollywood als «institutionalisierten Pädophilen-Ring« bezeichnet: »Jedes Studio in Hollywood wird mit dem Blut unschuldiger Kinder gekauft und bezahlt.»

Sämtliche Gibson zugeschriebenen Zitate beruhen offensichtlich auf einem mittlerweile gelöschten Artikel auf der Webseite YourNewsWire.com vom November 2017 und der Nachfolgeseite Newspunch.com vom März 2019. Darin heißt es, Gibson habe nach einem Auftritt in der Graham Norton Show der BBC vom 24. November 2017 «backstage» in einem sogenannten Green Room «schockierende Enthüllungen» gemacht. Der Artikel wurde mittlerweile auf beiden Seiten gelöscht.

Mel Gibson hat mehrfach von seinem Sprecher Alan Nierob erklären lassen, dass er solche Äußerungen niemals getan hat. «Ich kann versichern, dass er niemals so etwas gesagt hat», sagte Nierob nach Angaben der Webseite leadstories.com. Er sei während des gesamten Gibson-Aufenthalts in London in der Nähe des Schauspielers gewesen «und er (Gibson) hat niemals so etwas oder etwas, was diesen Äußerungen auch nur ähnelt, gesagt».

Seite löschte erfundene Behauptungen

Im November 2018 wurde die Webseite YourNewsWire.com in NewsPunch umbenannt. Diese verbreitete den Bericht über die angeblichen Gibson-Äußerungen zunächst weiter, nahm ihn dann aber aus dem Netz.

Der Betreiber von YourNewsWire und NewsPunch, Sean Adl-Tabatabai, erklärte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am 27. August 2020 per E-Mail, Stories wie diese «entsprachen (nach der Namensänderung der Seite) nicht mehr unseren neuen journalistischen Standards». Er fügte hinzu: «Insbesondere gab es keinen Beleg dafür, dass Mel Gibson irgendeine von den in dem Artikel wiedergegebenen Äußerungen tatsächlich getan hat.» Man habe daher die Gibson-Story von der Webseite genommen, «da die dort aufgestellten Behauptungen von uns nicht ausreichend nachgeprüft werden konnten».

Gibson stand immer wieder im Mittelpunkt öffentlicher Kritik. Der Schauspieler, eigenem Bekunden zufolge ein gläubiger Christ, wurde unter anderem wegen homophober und antisemitischer Äußerungen kritisiert. Er hat sich dafür unter anderem mit Hinweis auf seine Alkoholsucht entschuldigt, die auch zu mehreren Strafen und Fahrverboten führte.

(Stand 19.06.2023)

Links

Facebook-Post, archiviert

Video Ballard-Rede, archiviert

Artikel amg-news, archiviert

Selbstbeschreibung OUR, archiviert

Gibson-Sprecher zu AP, archiviert

YourNewsWire.com, archiviert

Dementi bei Leadstories, archiviert

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