Breit diskutierter EU-Plan enthält keine Impfpflicht

1.4.2022, 15:54 (CEST)

Die EU bereitet angeblich eine Verordnung vor, mit der die Impfung gegen Covid-19 verpflichtend eingeführt wird. Heimlich natürlich und in aller Stille. Man werde dann auch nur noch mit einem QR-Code reisen können. So wird es jedenfalls in sozialen Medien behauptet.

Bewertung

Die Behauptung ist falsch. Die EU plant mit der Verordnung nicht, eine Impfpflicht einzuführen.

Fakten

In einem Facebook-Post heißt es, die EU plane die Verlängerung einer Verordnung, «die besagt, dass ab Juni dieses Jahres für Reisen ein QR-Code erforderlich und eine Impfung obligatorisch sein wird. Dies alles wird in aller Stille vorbereitet.» Wer glaube, mit «den Lockerungen» - gemeint sind offensichtlich Lockerungen der Corona-Vorsichtsmaßnahmen in zahlreichen EU-Ländern - könne er den QR-Code loswerden, irre sich: Heimlich werde eine Impfpflicht eingeführt, wenn die Mehrheit der EU-Länder zustimme.

In dem Post wird auf eine Webseite der EU-Kommission verwiesen, auf der die Bürger um ihre Meinung zu einem Vorhaben der Kommission gebeten werden. Dabei handelt es sich um den Vorschlag, die Gültigkeit der Verordnung (EU) 2021/953 vom 14. Juni 2021 um zwölf Monate zu verlängern. Diese Verordnung regelt die gegenseitige Anerkennung von Test- und Impfzertifikaten zwischen den EU-Staaten. Die derzeit noch geltende Verordnung läuft sonst Ende Juni 2022 aus.

Auf der Webseite der Kommission wird zu dem mehr als 30 Seiten umfassenden Originaltext des Vorschlags für die Verlängerung der Geltungsdauer verlinkt. Darin findet sich - ebenso wie in der bereits geltenden Verordnung, die nach dem Wunsch der Kommission weiterhin gelten soll - nicht der geringste Hinweis auf eine Impfpflicht. Ebensowenig ist darin vorgesehen, dass man künftig nur noch mit einem QR-Code reisen könnte.

Die Verordnung vom Juni 2021 dient dazu, dass Zertifikate über Impfungen und Tests, die in einem EU-Mitgliedstaat ausgestellt werden, auch von allen anderen EU-Mitgliedstaaten als gültig anerkannt werden. Dies bedeutet beispielsweise, dass man mit einem Impfzertifikat aus Luxemburg auch in Italien in ein Museum gehen oder in ein Flugzeug steigen durfte.

Seit Annahme der Verordnung Mitte 2021 wurden laut EU mehr als eine Milliarde Zertifikate ausgestellt. «Das digitale COVID-Zertifikat der EU ist somit ein weithin verfügbares und zuverlässig anerkanntes Mittel zur Erleichterung der Freizügigkeit während der COVID-19-Pandemie», heißt es zur Begründung des Wunsches nach Verlängerung. Das digitale Covid-Zertifikatsystem sei das einzige große international funktionierende System der Welt und werde daher mittlerweile auch von Drittstaaten genutzt.

In der Begründung des Kommission-Vorschlages heißt es, es könne «nicht ausgeschlossen werden», dass sich auch im zweiten Halbjahr 2022 die Pandemie-Situation durch das Auftreten neuer Corona-Varianten verschlechtere. Dann könne es wieder sein, dass EU-Staaten die Wahrnehmung der Freizügigkeit von einem Test, einer Impfung oder der Genesung abhängig machten. Deswegen sei eine Verlängerung der Gültigkeit der Verordnung sinnvoll.

Eine EU-Verordnung ist ein verbindlicher Rechtsakt, der von allen EU-Ländern umgesetzt werden muss. Im Gegensatz dazu legt eine Richtlinie lediglich ein zu erreichendes Ziel fest, überlässt aber die rechtliche Umsetzung den jeweiligen nationalen Institutionen.

Der Vorschlag der EU-Kommission löste der Webseite zufolge bisher mehr als 122 000 Reaktionen (Stand 1.4.2022) aus die meisten davon kamen aus den Niederlanden und Italien (jeweils gut 22 000) Deutschland lag mit 15 733 Reaktionen hinter Frankreich (17 155) auf dem vierten Platz. Dass die Verordnung «in aller Stille vorbereitet» würde, ist also auch eindeutig falsch.

(Stand: 01.04.2022)

Links

Facebook-Post, archiviert

Webseite EU-Kommission, archiviert

Vorschlag für Verordnung, archiviert

EU-Rechtsakte, archiviert

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