Zitat verfälscht

BND-Präsident Kahl warnte vor Aufrüstung in Russland

14.4.2025, 15:57 (CEST)

Ein Zitat sorgt für Empörung: BND-Chef Bruno Kahl soll sich fünf weitere Kriegsjahre wünschen. Doch diesen Satz hat er nie gesagt – das zeigt unser Faktencheck.

Die Lage im Ukrainekrieg bleibt angespannt und gefährlich. In Europa schauen immer mehr Menschen gen Osten und befürchten eine Eskalation. Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), hat in einem Interview über den Krieg gesprochen und vor einer möglichen Gefährdung Europas durch Russland gewarnt. In diesem Zusammenhang schreibt das Online-Portal «Freie Welt», Kahl habe gesagt: «Am besten wäre es, wenn der Krieg noch fünf Jahre weitergeht!» Die Kommentar-Sektion unter einem entsprechenden Facebook-Post ist empört. Handelt es sich um ein echtes Zitat des BND-Chefs?

Bewertung

Der Satz kommt in dem Interview nicht vor, er soll auch in keinem anderen Rahmen gefallen sein, teilte der BND der dpa mit. Kahls Aussagen wurden in mehreren Berichten eingeordnet, in einer Überschrift wurde dann ein angebliches wörtliches Zitat daraus.

Fakten

Im Interview sagte BND-Präsident Bruno Kahl der Deutschen Welle sinngemäß, dass alle technischen und materiellen Mittel Russlands im Falle eines verfrühten Kriegsendes mit der Ukraine gegen Europa genutzt werden könnten. Wörtlich heißt es (ab Minute 7:59): «Ein frühes Kriegsende in der Ukraine befähigt die Russen, ihre Energie dort einzusetzen, wo sie sie eigentlich haben wollen, nämlich gegen Europa».

Im Artikel von «Freie Welt» ist als Quelle ein englischsprachiger Text von «Remix News» verlinkt. Hier beinhaltet die Überschrift jedoch kein angebliches wörtliches Zitat: «Outrage after German intelligence chief says Ukraine war should keep going for another 5 years» (Empörung nach Aussage des deutschen Geheimdienstchefs, der Krieg in der Ukraine solle noch 5 Jahre andauern).

Auch in einem Artikel der «Berliner Zeitung» geht es darum, welche Reaktionen das Interview in der Ukraine ausgelöst hat. So heißt es, dass ein spezieller Ausschnitt darin für viel Aufregung sorge.

Laut «Berliner Zeitung» werden die Aussagen in Kiew als öffentliche Erklärung des deutschen Geheimdienstchefs verstanden, «dass der Ukrainekrieg nicht vor 2029 enden dürfe». Der Artikel begründet diese Beobachtung vor allem mit der Reaktion der ehemaligen Ministerpräsidentin der Ukraine, Julia Timoschenko. Sie hatte zuvor auf Facebook ein entsprechendes Statement zum besagten Interview-Abschnitt abgesetzt.

Bruno Kahl hat den Satz auch in keinem anderen Kontext geäußert, schrieb der BND auf dpa-Anfrage.

(Stand: 10.4.2025)

Links

Deutsche Welle-Interview mit Bruno Kahl (archiviert)

Artikel der Freien Welt zum mutmaßlichen Zitat (archiviert)

Facebook-Post der Freien Welt (archiviert)

Berliner Zeitung-Artikel zu Aussagen Kahls (Paywall) (archiviert)

Reaktion auf Facebook der ehemaligen Ministerpräsidentin der Ukraine Timoschenko (archiviert)

Artikel auf rmx.news (archiviert)

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