CDU gewann in vier Bezirken

Wahlergebnisse in Hamburger Villenviertel weichen von Landesergebnis ab

16.4.2025, 13:59 (CEST)

Ein Verein in Hamburg lehnt den Bau einer Flüchtlingsunterkunft ab – und wird pauschal politisch eingeordnet. Doch ein Blick in die jüngsten Wahlergebnisse ergibt ein anderes Bild.

Sind es politische Gründe, aus denen die Anwohner des Hamburger Villenviertels am Hochkamp den Bau einer Unterkunft für Flüchtlinge abgelehnt haben? Das rechte Portal «Journalistenwatch» stellt in einem Artikel einen Zusammenhang zwischen dem Wahlverhalten aller Hamburger und dem der Anwohner des Villenviertels her: «Man darf in Hamburg davon ausgehen, dass die meisten, wenn nicht alle der Villenbesitzer, die sich der Migrantenunterkunft so vehement verweigern, Stammwähler von SPD oder Grünen sind.» Der Artikel wurde in mehreren Facebook-Posts geteilt.

Bewertung

Der Bau einer Unterbringung für Geflüchtete wurde durch einen Verein von Anwohnern des Villenviertels abgelehnt. Es gibt keinen Beleg, dass es sich dabei um Stammwähler von SPD oder Grünen handelt. In den meisten der Wahlbezirke im Villenviertel wurde bei der Bundestagswahl die CDU stärkste Kraft.

Fakten

Eine rechtliche Besonderheit macht eine Bebauung davon abhängig, ob die Anwohner neuen Bauvorhaben zustimmen. Dazu gehört auch die geplante zeitweise Errichtung einer Unterkunft für Flüchtlinge auf einem P+R-Parkplatz. Auch wenn dieser Platz eigentlich eine öffentliche Fläche ist, brauchte es das Votum der Mitglieder des Vereins Hochkamp. Sie haben mehrheitlich gegen die Flüchtlingsunterkunft gestimmt.

Rechtliche Sonderregelung macht Ablehnung möglich

In dem über 100 Jahre alten Verein dürfen nur Eigentümer, Ehegatten und andere Nutzungsberechtigte wie Mieter des Villenviertels Mitglied werden. Das ist in der Vereinssatzung festgelegt. Der Verein überwacht, dass die Vorschriften der sogenannten «Hochkamper-Bedingungen» eingehalten werden. Sie schreiben unter anderem vor, dass neue Gebäude im Viertel nur im Villenstil gebaut werden dürfen und es keinerlei gewerbliche Nutzung geben darf.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen seien eindeutig, antwortet die für den Bau der Flüchtlingsunterkunft zuständige Sozialbehörde der Stadt Hamburg auf Anfrage. «Eine Entwicklung des Standort[s] wäre nur bei Zustimmung des Vereins möglich gewesen. Hintergrund hierfür ist die sogenannte Hochkamp-Klausel, die besagt, dass unabhängig von der Baugenehmigung der Bauherr immer die Zustimmung des Vereins einholen muss (Privatrecht).»

Zu der Abstimmung kam es bei einer Versammlung per Mitgliedervotum. «Die Gesprächsatmosphäre war dabei ruhig und es fand eine sachliche Diskussion der Überlegungen mit den Mitgliedern des Vereins statt», schreibt ein Sprecher der Sozialbehörde auf Anfrage.

Was wählten die Vereinsmitglieder?

Das Wahlverhalten der einzelnen Vereinsmitglieder unterliegt dem Wahlgeheimnis, sodass lediglich eine Annäherung möglich ist. Der Vorsitzende des Vereins Hochkamp wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, warum bei einer Mitgliederversammlung die Mehrheit gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft gestimmt hat. Das betreffe vereinsinterne Vorgänge. Auch über die Parteizugehörigkeit oder das Wahlverhalten einzelner Mitglieder könne er nichts sagen. Allerdings betont er, dass der Verein politisch und konfessionell neutral sei. Das ist auch auf der Vereinswebseite vermerkt.

Wirft man einen Blick in das Geoportal der Stadt Hamburg, lassen sich die Wahlbezirke ermitteln, in denen das Hochkamp-Viertel liegt. In der Vereinssatzung ist nicht genauer definiert, welche Straßen zu dem lange bestehenden Viertel gezählt werden. Aber es gibt auf der Vereinswebseite eine historische Karte des Viertels. Vergleicht man die Lage des Viertels mit den Kartendaten des Geoportals Hamburg, ergibt sich ein Bereich, in dem bei der Bundestagswahl 2025 die Wahlbezirke 22203, 22206, 22108 und großzügiger gemessen auch die Bezirke 22107 und 22109 lagen. Die Wahlbezirke können über das Menü des Portals eingeblendet werden.

Wahlergebnisse im Viertel

Die offiziellen amtlichen Endergebnisse der Bundestagswahl 2025 wurden von der Stadt Hamburg veröffentlicht. Sucht man dort nach den Ergebnissen in den Wahlbezirken, in denen das Viertel Hochkamp liegt und in denen somit potenzielle Vereinsmitglieder wählen, zeigt sich: In vier der fünf untersuchten Wahlbezirke wurde die CDU stärkste Kraft (22203, 22206, 22108, 22109). Nur in einem Wahlbezirk holten die Grünen die meisten Stimmen (22107). Somit fällt das Wahlverhalten der Wähler im Bereich des Hochkamp-Viertels anders als in der restlichen Stadt Hamburg aus.

(Stand: 11.4.2025)

Links

Facebook-Post I (archiviert)

Facebook-Post II (archiviert)

Journalistenwatch (archiviert

X-Post Journalistenwatch (archiviert)

NDR (archiviert)

Verein Hochkamp (archiviert)

Hochkamper Bedingungen (archiviert)

Vereinssatzung (archiviert)

taz (archiviert)

Geoportal Hamburg (archiviert)

Historische Karte (archiviert)

Wahlergebnisse Wahlbezirk 22203 (archiviert)

Wahlergebnisse Wahlbezirk 22206 (archiviert)

Wahlergebnisse Wahlbezirk 22108 (archiviert)

Wahlergebnisse Wahlbezirk 22107 (archiviert)

Wahlergebnisse Wahlbezirk 22109 (archiviert)

Stadt Hamburg(archiviert)

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