In falschem Kontext verbreitet

Video zeigt Selenskyj und Putin bei Konferenz in Paris 2019

12.3.2025, 17:51 (CET)

Ein Video soll belegen, dass Wolodymyr Selenskyj bei der Unterzeichnung der Minsk-Abkommen gelacht hat. Doch es zeigt etwas anderes.

Die Minsker Abkommen waren Vereinbarungen zur Beilegung des Konflikts in der Ostukraine und der Halbinsel Krim, die letztendlich jedoch scheiterten. Ein Video soll zeigen, wie Wolodymyr Selenskyj im Zuge dieser Abkommen über Russlands Präsident Wladimir Putin lacht: «Selenskyj war derjenige, der das Abkommen gebrochen hat, und er hat sogar gelacht, als Putin das Minsker Abkommen unterzeichnete.» Doch haben diese Aufnahmen tatsächlich etwas mit der Unterzeichnung der Minsker Abkommen zu tun?

Bewertung

Nein. Das Video stammt von einer Pressekonferenz nach einem Gipfeltreffen im Jahr 2019. Die Minsk-Abkommen wurden 2014 und 2015 unterzeichnet, als Selenskyj noch nicht Präsident war.

Fakten

Das Video stammt von der Pressekonferenz nach einem Gipfeltreffen am 9. Dezember 2019 in Paris. Bei diesem Gipfel im Rahmen des Normandie-Formats diskutierten die Präsidenten der Ukraine, Russlands und Frankreichs, Wolodymyr Selenskyj, Wladimir Putin und Emmanuel Macron sowie die damalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel unter anderem über einen Waffenstillstand auf ukrainischem Boden.

Die bereits Jahre zuvor in den Minsker Abkommen vereinbarten Waffenruhen waren bis dahin nicht umgesetzt worden. In einer gemeinsamen Erklärung nach dem Gipfel - dessen Ausschnitt auch das Video zeigt - hielten die Staats- und Regierungschefs noch 2019 fest, dass die Minsker Abkommen weiterhin die Grundlage zur Konfliktlösung bleiben.

Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland verschärfte sich mit dem Euromaidan 2013 sowie der völkerrechtswidrigen russischen Annexion der Krim 2014. Das erste Abkommen mit Friedensabsicht wurde im folgenden September unterzeichnet, nachdem es auch in der Ostukraine zu militärischen Konflikten mit prorussischen Separatisten gekommen war. Minsk II wurde im Februar 2015 beschlossen. Beide Schriftstücke wurden in der belarussischen Hauptstadt unterzeichnet - nicht in Paris.

Putin bestreitet Beteiligung

An der Unterzeichnung der Abkommen waren neben dem russischen Präsidenten Putin auch der damalige ukrainische Präsident Petro Poroschenko beteiligt - nicht Selenskyj, der erst 2019 Präsident wurde. Deutschland und Frankreich vermittelten in den Verhandlungen. Der französische Präsident war damals noch François Hollande. Macron wurde erst 2017 Präsident.

Russland bestritt die eigene Beteiligung am Konflikt in der Ostukraine - räumte aber russische Präsenz während des umstrittenen Krim-Referendums ein - und gab sich als Vermittler eines angeblich rein innerstaatlichen Konflikts aus.

Die Verhandlungen führten so letztlich nur zu einer vorübergehenden Reduzierung der Kämpfe. Auf der Pressekonferenz im Dezember 2019 sprach Putin dann von einer möglichen Verfassungsänderung in der Ukraine, um den Gebieten im Südosten einen autonomen Sonderstatus zu verleihen - während Russland seine Kontrolle weiter ausbaute. Selenskyjs Lächeln könnte als Reaktion auf diesen Vorschlag verstanden werden.

Russland begann den Krieg 2014

Vorangegangen war die russische Annexion der Krim im Februar 2014, die laut Putin eine direkte Folge der Euromaidan-Proteste zur Annäherung der Ukraine an die EU und der damit verbundenen Flucht des damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch gewesen sei. Wenig später folgten Kämpfe in der Ostukraine, in deren Vorlauf prorussische Separatisten im Donbass zwei eigene «Staaten» ausriefen: die selbst ernannten «Volksrepubliken» Donezk und Luhansk.

Während die Ukraine versuchte, die Regionen zurückzuerobern, marschierte die russische Armee zur Unterstützung ein - ein Eingreifen, das Putin trotz eindeutiger Beweise stets leugnete. Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine seit 2022 wurden die Minsker Abkommen endgültig obsolet.

(Stand: 11.3.2025)

Links

Élysée-Palast auf YouTube: Pressekonferenz vom 09. Dezember 2019 (archiviert)

bpb: Das Gipfeltreffen im Normandie-Format (archiviert)

«Deutsche Welle» über Normadie Format (archiviert)

Reuters über Minsker Abkommen (englisch, archiviert)

Minsk I (PDF, Original auf russisch, archiviert)

Minsk II (PDF, Original auf russisch, archiviert)

«Financial Times»: Full text of the Minsk agreement (Paywall)

bpb über Euromaidan (archiviert)

bpb: Russlands Annexion der Krim (archiviert)

«Deutschlandfunk»: Putin nennt Details zur Krim-Annexion (archiviert)

«tagesschau» über Krim-Referendum (archiviert)

«der Freitag»: Woran «Minsk II» gescheitert ist (Paywall)

lpd: Chronologie des Ukraine-Konfikts (archiviert)

«euro news» auf YouTube: Putin bestätigt Anwesenheit russischer Soldaten bei Krim-Referendum (archiviert)

«Spiegel»: Die mysteriöse Flucht des Wiktor Janukowitsch (archiviert)

Bellingcat über russische Angriffe auf Donbass 1 & 2 (archiviert 1 & 2)

Facebook-Post mit Behauptung (archiviert)

Archiviertes Video

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