Konform mit Grundgesetz
Bundesverfassungsgericht bestätigte 2024 gültiges Wahlrecht
3.2.2025, 11:44 (CET)
Am 23. Februar wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. Doch kursieren in sozialen Medien Behauptungen, das Wahlgesetz entspreche nicht dem Grundgesetz. Ein Post verweist auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2012. Gibt es da wirklich ein Problem?
Bewertung
Nein, die Darstellung ist falsch. Deutschland hat ein gültiges Wahlrecht, das auch vom Bundesverfassungsgericht 2024 bestätigt wurde. Seit dem Urteil von 2012 ist das Wahlgesetz ohnehin mehrfach geändert worden.
Fakten
Der Bundestag hat am 17. März 2023 eine Wahlrechtsreform beschlossen, die das Parlament verkleinern und dauerhaft auf 630 Abgeordnete begrenzen soll. Der Entwurf dazu stammte von SPD, Grünen und FDP, den Fraktionen der damaligen Ampel-Koalition.
Die Reform war umstritten. Union und Linkspartei sahen sich benachteiligt und zogen vor das Bundesverfassungsgericht.
Ende Juli 2024 erklärte das Bundesverfassungsgericht dann aber allein die Aufhebung der sogenannten Grundmandatsklausel im neuen Wahlrecht für verfassungswidrig. Sie besagt, dass eine Partei auch dann in den Bundestag einziehen kann, wenn sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert: Voraussetzung für diese Ausnahme sind drei Direktmandate - wobei die Erststimmen auch von den Zweitstimmen gedeckt sein müssen. Damit gilt diese Regelung auch für den 23. Februar. Allerdings verlangte das Verfassungsgericht für die Zukunft eine Neuregelung.
Die Begrenzung des Bundestages auf 630 Abgeordnete und den Wegfall der sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate haben die Karlsruher Richter dagegen als grundgesetzkonform bestätigt. Deutschland hat somit ein gültiges Wahlrecht.
Mehrere Änderungen am Wahlrecht seit 2012
Ohnehin ist seit 2012 viel passiert: Damals erklärte Bundesverfassungsgericht am 25. Juli 2012 das im Vorjahr reformierte Bundeswahlgesetz für verfassungswidrig und damit für nichtig.
Bei der Prüfung des Wahlgesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht ging es um Regelungen über die Mandatsverteilung im Deutschen Bundestag. Die Karlsruher Richter beanstandeten vor allem den paradoxen Effekt des «negativen Stimmgewichts», das eng mit Überhangmandaten verwoben ist. Solche fielen lange an, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate gewann als ihr dort nach dem Zweitstimmenanteil zustünden.
2013 beschloss der Bundestag die nächste Variante. Der Effekt des «negativen Stimmrechts» wurde verhindert und Überhangmandate wurden ausgeglichen. Dadurch wuchs der Bundestag allerdings enorm an.
Urteile haben keine Auswirkungen auf frühere Wahlen
2020 beschloss die große Koalition darum unter anderem, dass Überhangmandate künftig erst nach dem dritten solchen Mandat ausgeglichen werden. Außerdem werden Überhangmandate einer Partei teilweise mit ihren Listenmandaten verrechnet.
Diese Variante änderte die Ampel-Koalition 2023 mit dem verfassungskonformen Wegfall der Überhang- und Ausgleichsmandate.
Das Bundesverfassungsgericht hat also oft zum Wahlrecht geurteilt. Seine Entscheidungen hatten dabei aber keine nachträglichen Auswirkungen auf frühere Wahlen oder frühere Wahlgesetze.
(Stand: 29.1.2025)
Links
Mitteilung des Bundestages zur Verabschiedung des neuen Wahlrechts (archiviert)
Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts zum Urteil im Juli 2024 (archiviert)
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli 2012 zum Wahlgesetz (archiviert)
Der Spiegel zu negativem Stimmgewicht (archiviert)
Bundestag über Änderung am Wahlrecht 2020 (archiviert)
Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Paragraf 79, Absatz 2 (archiviert)
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