Abkommen lässt Zahl offen
Zu Arbeitskräften aus Kenia kursiert falsche Angabe
8.1.2025, 15:54 (CET)
Im Netz kursiert der Screenshot eines Artikels, in dem behauptet wird, Deutschland plane den «Import von 1,9 Millionen kenianischen Arbeitskräften». Unter dem Titel ist ein Foto abgebildet auf dem man Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an einem Tisch neben einem Mann hocken sieht. Doch weder stimmt der Artikel inhaltlich, noch stammt er von einer seriösen Quelle.
Bewertung
Die auf dem Screenshot genannte Zahl von 1,9 Millionen Menschen, die von Kenia nach Deutschland kommen sollen, stimmt nicht. In dem Migrationsabkommen zwischen Kenia und Deutschland wurde keine genaue Anzahl künftiger Fachkräfte aus Kenia genannt. Außerdem stammt der Screenshot von keiner seriösen Nachrichtenseite.
Fakten
Deutschland hat mit verschiedenen Ländern Migrationsabkommen beschlossen, so auch mit Kenia. Am 13. September 2024 wurde es offiziell unterzeichnet. Die zwei Ziele dahinter: erstens die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland fördern und zweitens die Rückführung von Kenianerinnen und Kenianern ohne Bleiberecht erleichtern. Eine genaue Zahl, wie viele Menschen aus Kenia nach Deutschland kommen sollen, wurde im Rahmen des Abkommens nicht festgelegt.
Der Artikel stammt von einer Website namens «Neue Presse». Bei genauerem Hinschauen entdeckt man, dass es sich um keine seriöse Nachrichtenseite handelt.
Kein Eintrag im Handelsregister
Im Impressum der Website steht ein angeblicher Firmensitz mit Adresse. Bei einer Suche im Handelsregister ist der Name hinter dem Unternehmen jedoch nicht wiederzufinden. Die im Impressum angegebene Adresse führt zu einem Einkaufscenter in Berlin. Auf eine Nachricht an die angegebene Mail-Adresse bekam die dpa keine Antwort.
Über dem erwähnten Artikel auf der Seite steht der Name des angeblichen Autors «Lars Sander» mit einem dazugehörigen Profilbild. Sucht man das Bild über eine Bilderrückwärtssuche findet man das entsprechende Foto mit Namen auf einem Xing-Profil. Laut diesem Profil arbeitet Sander als Manager bei der Vaillant Group, einem Produzenten elektrischer Wärmepumpen und Heizungen. Auf eine Anfrage per Mail antwortete Sander nicht.
Die Faktencheck-Seite «Newsguards Reality check» bringt den US-Amerikaner John Marc Dougan als Urheber der Seite ins Spiel. Dieser Hinweis konnte zunächst nicht abschließend bestätigt werden.
Das Foto, mit dem der Artikel illustriert ist, wurde Anfang Dezember 2022 in Johannesburg, Südafrika, von einem dpa-Fotografen gemacht.
Eine falsche Zahl macht schon früher die Runde
Bereits im September kursierte im Netz die falsche Information, Deutschland habe mit Kenia ein Kontingent von 250.000 Migrantinnen und Migranten aus dem ostafrikanischen Land festgelegt. Auch der Nachrichtensender BBC verbreitete diese Zahl zunächst, korrigierte den entsprechenden Artikel später aber. Auch Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen teilte die Falschinformation.
Recherchen des «Spiegels» zufolge wurde die Zahl 250.000 vom kenianischen Präsidenten selbst in die Welt gesetzt. Der kenianische Arbeitsminister Alfred Mutua räumte später jedoch ein, dass es sich um ein Missverständnis handelte: 250.000 sei die Gesamtzahl der Arbeitskräfte, die Deutschland benötige. Aus Kenia würden nur einige von ihnen kommen.
(Stand: 8.1.2025)
Links
Tagesschau über Zahlen (hier archiviert)
Artikel auf der Website «Neue Presse» (hier archiviert)
Impressum auf der Website «Neue Presse» (hier archiviert)
Homepage «Gemeinsames Registerportal» (hier archiviert)
im Impressum angebene Adresse (hier archiviert)
Xing-Profil von Lars Sander (hier archiviert)
Übersichtsseite auf der Homepage von Vaillant (hier archiviert)
Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums zum Migrationsabkommen mit Kenia (hier archiviert)
BMI zu angeblichem Kontigent (hier archiviert)
Mittlerweile korrigierter Artikel des BBC (hier archiviert und hier der Hinweis zur ersten Fassung des Artikels archiviert)
Post auf X von Hans-Georg Maaßen (hier archiviert)
Spiegel-Artikel (hier archiviert)
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