Nicht aus Saidnaja-Gefängnis
Video aus Bagdad fälschlich nach Syrien verlegt
21.12.2024, 14:57 (CET), letztes Update: 21.12.2024, 15:02 (CET)
Es ist ein kurioses Video: Zwei Männer helfen einem dritten aus einem Auto, wonach er auf einem verbundenen Bein hüpft. Erst als ein Helfer ihm eine Kopfnuss gibt, wechselt der vermeintlich Verletzte von dem verbundenen rechten auf das nicht verbundene linke Bein.
Es sei «alles so offensichtlich», bemerkt ein Facebook-Nutzer aus Deutschland dazu. «Ein weiterer Gefangener, der im Saidnaja-Gefängnis in Damaskus (Syrien) eingesperrt und gefoltert wurde, konnte aus der Gefangenschaft befreit werden», schreibt er zu dem Video weiter. Was ist wirklich passiert?
Bewertung
Das Video hat nichts mit der Befreiung der Gefangenen aus dem Saidnaja-Gefängnis in Syrien zu tun und gibt das auch nicht vor. Die Bilder wurden im Irak aufgenommen. Ein Kaufmann aus Bagdad hat sie als humoristisches Werbevideo verbreitet und nie behauptet, sie zeigten einen befreiten syrischen Gefangenen.
Fakten
Mit einer Bilderrückwärtssuche lässt sich die Herkunft der Bilder herausfinden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Clip seit 8. Dezember 2024 auf verschiedenen Youtubekanälen herumgeht, aber seinen eigentlichen Ursprung auf Instagram- und TikTok-Accounts hat.
Irakischer Einzelhändler
Das Video wurde ursprünglich von einem irakischen Einzelhändler geteilt. Er postete es auf seinem Instagram- und TikTok-Account am 8. Dezember 2024. Der Mann vom Profilbild des Accounts erscheint im Video selbst rechts im Bild mit grauem Kapuzenpulli und der nach hinten gedrehten Schirmmütze.
In der Beschreibung seines Instagramaccounts gibt der Kaufmann die Adresse seines Geschäfts an. Eine Suche auf Google Maps ergibt, dass der Laden in einer Einkaufsstraße in Bagdad liegt, im Viertel Kadhimiya.
Optische Elemente im Hintergrund des Videos wie die beleuchteten Laden- und Restaurantschilder genügen zur genauen Bestimmung des Ortes, an dem das Video aufgenommen wurde. Dieser Platz liegt weniger als 200 Meter von dem Geschäft entfernt. Die Beschreibung des Instagramaccounts weist auch darauf hin, dass der Laden nahe einer Feuerwache liegt, was die Verortung bestätigt.
Der Händler bestätigt in einem anderen Video zudem, dass die Bilder in Kadhimiya, also im Irak, gedreht wurden. Einer Übersetzung des arabischen dpa-Dienstes in Kairo zufolge erklärt der Mann, dass andere Websites und Onlinekanäle sein Video zu unrecht in einen Zusammenhang mit den Ereignissen in Syrien und auch in Gaza stellten, obwohl es damit absolut nichts zu tun habe.
Werbung mit Humor
Der Geschäftsmann wirbt regelmäßig mit Social-Media-Videos für seine Produkte. Der hinkende Mann in dem Video erschien schon in verschiedenen dieser Reklameclips. Das Video von dem Hinkenden, das schon millionenfach angeschaut wurde, passt in diese Reihe humoristischer Filmchen auf seinem Instagram-Account.
Seit dem Sturz des Regimes von Syriens Präsident Baschar al-Assad sind viele Videos und Fotos im Umlauf, die fälschlich den Ereignissen zugeschrieben werden. Die dpa hat darüber schon mehrere Faktenchecks geschrieben.
(Stand: 20.12.2024)
Links
Facebookpost (archiviert, Video archiviert)
Über das Saidnaja-Gefängnis (archiviert)
Über Fotorückwärtssuche (archiviert)
Ergebnisse der Bildersuche (archiviert)
Ort laut Instagramprofil (archiviert)
Lokalisierung bei Google Maps (archiviert)
Fotos bei Google Maps I & II (archiviert I & II)
Drehort des Videos (archiviert)
Entfernung zum Laden (archiviert)
Ort der Feuerwache (archiviert)
Frühere Videos des Instagramaccounts I & II (archiviert I & II)
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