Kein echter Häftling in Syrien

Nutzer geben KI-Bild als Aufnahme vom Saidnaja-Gefängnis aus

13.12.2024, 16:54 (CET)

Bilder aus dem Militärgefängnis Saidnaja in Syrien erhalten in sozialen Netzwerken aktuell viel Aufmerksamkeit. Einige Nutzer verbreiten aber auch Aufnahmen, die nicht echt sind.

Nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien wird das Ausmaß der Unterdrückung allmählich deutlich. In sozialen Netzwerken teilen Nutzer zahlreiche Bilder im Zusammenhang mit dem nördlich der Hauptstadt Damaskus gelegenen Militärgefängnis Saidnaja. In «industriellem Maßstab» sollen Assads Offiziere dort gefoltert und getötet haben. Nach dem Umsturz wurden Häftlinge nun freigelassen. Ein Bild soll einen der Gefangenen zeigen. Stimmt das?

Bewertung

Das Bild des Mannes wurde mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) erstellt. Es zeigt keinen echten Insassen des Saidnaja-Gefängnisses.

Fakten

Über eine Bilderrückwärtssuche lässt sich herausfinden, dass das Bild keinen echten Häftling zeigt: Die Suche führt zu einem Video, das am 3. Dezember 2024 auf der Videoplattform Tiktok gepostet wurde. Der Beitrag ist mit einem entsprechenden KI-Hinweis versehen - zudem schreibt der Account selbst, dass er KI-Videos teilt.

Der Clip, der eine gruselige Szene zeigen soll, weist einige typische Eigenschaften für per KI generierte Inhalte auf. Beispielsweise wirkt die Haut des Mannes unnatürlich glatt und ebenmäßig. Am Ende des Clips ist zu sehen, wie sich seine Zähne plötzlich von normalen Zähnen zu scharfen Schneidezähnen verändern. Bei dem geteilten Bild handelt es sich also um einen Screenshot von dem KI-Clip.

Mit dem Saidnaja-Gefängnis hat das KI-Video nichts zu tun. Derzeit kursieren mehrere Bilder, die fälschlicherweise in Verbindung mit der Situation in Syrien online verbreitet werden. So wurden beispielweise auch Bilder aus einem Museum in Vietnam in einem falschen Kontext verbreitet, wie ein dpa-Faktencheck zeigt.

An echten Bildern aus dem Militärgefängnis Saidnaja mangelt es jedoch nicht. Unter Syrern ist es wegen des brutalen Vorgehens der Wärter und berüchtigter Foltermethoden auch als «Schlachthaus» bekannt. Die syrischen Zivilschützer von den Weißhelmen schätzen, dass 20.000 bis 50.000 Häftlinge nach dem Umsturz an nur einem Tag aus dem Gebäudekomplex nördlich der Hauptstadt Damaskus gerettet wurden. Bis zu 150.000 könnten dort inhaftiert gewesen sein - viele werden weiterhin vermisst.

(Stand: 13.12.2024)

Links

Tiktok-Video vom 3. Dezember (archiviert / archiviertes KI-Video)

Über den Tiktok-Account (archiviert)

Tiktok über KI-Hinweis (archiviert)

dpa-Faktencheck vom 10. Dezember 2024

dpa-Bericht über das Militärgefängnis Saidnaja via «Rheinische Post» (archiviert)

«Der Spiegel» über das Saidnaja-Gefängnis - kostenpflichtig

Hinweise zum Erkennen KI-generierter Bilder (archiviert)

Wie eine Bilderrückwärtssuche funktioniert (archiviert)

Facebook-Post (archiviert / archiviertes Bild)

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