CDU-Chef äußerte Sorge

Merz-Aussage vom Mai 2022 wird entstellt wiedergegeben

29.11.2024, 09:04 (CET)

Zitate von Politikern werden für Überschriften oft verkürzt. Doch daraus kann eine Falschinformation werden, wenn ein Satz entsteht, der nicht fiel, und unklar bleibt, wann er gefallen sein soll.

Russland droht nach dem ersten Angriff mit einer neuen Mittelstreckenrakete sowie dem ukrainischen Einsatz weitreichender US-Waffen gegen russisches Territorium mit weiteren Schlägen gegen die Ukraine und ihre Unterstützer. Das schürt Sorge vor einer weiteren Eskalation des Krieges in der Ukraine. In sozialen Medien verbreitet sich aktuell ein Aussage, die wie eine aktuelle Reaktion des CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz auf die Entwicklungen wirkt: «Ich habe keine Angst vor einem Atomkrieg mit Russland», steht als Zitat gekennzeichnet neben einem Foto von Merz auf einem Sharepic.

Bewertung

Das Zitat ist so nicht gefallen. Merz sprach davon, dass er zwar keine Angst habe, sich aber Sorgen machen und keine Ausweitung des russischen Krieges in der Ukraine wolle. Zudem ist die Aussage zweieinhalb Jahre alt.

Fakten

Am 2. Mai 2022 gab CDU-Parteichef Friedrich Merz der Sendergruppe RTL/ntv ein Interview. Der Reporter fragt Merz (ab Minute 1:01): «Haben Sie Angst, dass wir zur Kriegspartei von Putin erklärt werden mit der möglichen Folge eines Atomkriegs?» Darauf antwortet der CDU-Politiker: «Ich habe keine Angst, aber wir machen uns natürlich alle Gedanken und haben Sorgen. Wir wollen keine Ausweitung des Kriegs.»

Merz antwortet also nicht nur auf die Frage, ob er Angst vor einem Atomkrieg hat, sondern gleichzeitig darauf, ob er Angst davor hat, dass Deutschland von Putin zur Kriegspartei in der Ukraine erklärt wird. Während Merz die Beschreibung Angst ablehnt, drückt er dennoch Sorge aus - diese Informationen werden in der Social-Media-Zitatkachel weggelassen. Gleichzeitig wird dort ein Zitat kreiert, dass es so nicht gab.

Das Interview ist mehr als zweieinhalb Jahre her. Die Aussagen entstanden also vor dem Hintergrund einer gänzlich anderen politischen Lage. Russland war erst etwas mehr als zwei Monate zuvor in die Ukraine einmarschiert.

Kurz vor dem Interview mit Merz hatte der Bundestag Ende April 2022 die Lieferung schwerer Waffen, an die Ukraine gebilligt - für Deutschland damals eine verteidigungspolitische Kehrtwende. Das Parlament beschloss dazu mit großer Mehrheit einen gemeinsamen Antrag von Ampel-Koalition und Union. Die damals schon geäußerte Befürchtung, dies könne Russland dazu bringen, Deutschland als Kriegspartei zu betrachten - worum es auch in dem Merz-Interview geht - trat nicht ein.

(Stand: 27.11.2024)

Links

Merz-Interview mit ntv vom 2. Mai 2022 (archiviert)

dpa-Bericht über Bundestagsabstimmung, veröffentlicht von «om-online.de» (archiviert)

Bundestags über Antrag der Union und der Ampel-Regierung zur Lieferung schwerer Waffen im April 2022 (archiviert)

Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert)

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