Hinweise auf KI-Erzeugung

Bild von Mike Tyson mit Palästina-Flagge ist ein Fake

19.11.2024, 14:54 (CET)

Inhalte, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz kreiert wurden, sind in sozialen Netzwerken mittlerweile weit verbreitet. Auch für politische Zwecke wird die Technik eingesetzt. Ein Faktencheck.

Rückkehr in den Ring: Der US-Boxer und ehemalige Weltmeister im Schwergewicht, Mike Tyson, hat am Wochenende sein Comeback gegeben - und verloren. Der Kampf des 58-Jährigen gegen seinen 31 Jahre jüngeren Gegner Jake Paul, der einstimmig nach Punkten gewann, wurde beim Streaminganbieter Netflix übertragen. Das Event sorgte bereits zuvor in sozialen Netzwerken für zahlreiche Beiträge und bekommt nun eine politische Dimension: Nutzer verbreiten online ein vermeintliches Foto, das Tyson in einem Boxring mit einer Palästina-Flagge zeigen soll. Ist das Foto echt?

Bewertung

Das Bild ist ein Fake und wurde offenbar mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erzeugt.

Fakten

Mike Tyson ist unter anderem für seine Tattoos bekannt. Um sein linkes Auge hat sich der Boxer vor Jahren ein Motiv in Anlehnung an die neuseeländischen Maori stechen lassen. Auf echten Fotos ist dieses Tattoo gut zu sehen (hier und hier). Bei genauem Betrachten fällt auf, dass sich das echte Tattoo von dem Tattoo auf dem online verbreiteten Bild in Form und Intensität unterscheidet.

Neben diesem auffälligen Tattoo im Gesicht hat der Boxer auf der Brust ein Bild seiner verstorbenen Tochter Exodus verewigen lassen. Am 6. Dezember 2023 teilte der Boxer auf Instagram ein Video, es zeigt ihn beim Stechen des Tattoos. Auch auf anderen aktuellen Fotos ist es zu sehen (hier und hier) - auf dem kursierenden Bild mit der Flagge fehlt hingegen das Motiv der Tochter auf der Brust.

Das Flaggen-Bild müsste somit bereits vor dem Dezember 2023 entstanden sein. Eine Suche auf Englisch nach «Mike Tyson shows Palestine Flag in Boxring» mit einem Filter für Treffer vor dem 6. Dezember 2023 liefert keine Hinweise auf ähnliche Fotos. Das ist ungewöhnlich. Angesichts der Bekanntheit des Boxers ist zu erwarten, dass es weitere Bilder aus unterschiedlichen Perspektiven von dem Moment gibt, in dem der Amerikaner die Palästina-Flagge im Ring präsentiert. Solche Aufnahmen lassen sich nicht finden.

Design der umwickelten Flagge ergibt keinen Sinn

Stattdessen enthält das geteilte Motiv einige Bildfehler, sogenannte Artefakte: Ein logischer Fehler ist das Design der Flagge. Tyson trägt sie auf dem Bild um den Hals auf den Schultern. Dadurch müsste das Muster, etwa das rote Dreieck, spiegelverkehrt zu sehen sein. Es müsste sich zudem am unteren Ende der Flagge befinden und nach oben zeigen. Auf dem Bild entspricht das Muster allerdings trotz Faltung um den Hals und trotz Unterbrechung durch Tysons Rumpf exakt dem Muster einer nicht gefalteten Flagge. Das ist nicht logisch und bedeutet, dass die Flagge entweder falsch bedruckt wurde oder keine Palästina-Flagge ist.

Ein weiteres Detail ist die Werbung im Hintergrund: Im und um den Ring ist bei Boxkämpfen mittlerweile Werbung von Sponsoren üblich. Beispielweise konnten Zuschauer beim Tyson-Comeback am Wochenende auf den Ringseilen Werbung der Münchner Brauerei «Spaten» lesen, wie «Tag24» berichtete. Auf dem im Netz geteilten Flaggen-Bild sind die Aufschriften auf den Ringseilen nur verschwommen dargestellt, die Buchstaben gehen dabei ineinander über.

Bildfehler sprechen für Einsatz von Künstlicher Intelligenz

Solche Bildfehler können bei einer Erzeugung durch Künstliche Intelligenz (KI) auftreten: So tut sich die KI derzeit noch schwer, bestimmte Details, etwa menschliche Körperteile oder Aufschriften, originalgetreu abzubilden. Beispielhaft ist das an der Hose deutlich erkennbar - auch hier verschwimmen Buchstaben ineinander.

All diese Hinweise zeigen, dass es sich bei dem Bild um einen Fake handelt, der sehr wahrscheinlich mithilfe von KI erzeugt wurde. Es wird allerdings erwartet, dass in naher Zukunft noch bessere bildgenerierende Programme verfügbar sein werden. Dadurch könnte es schwieriger werden, KI-Kreationen mit bloßem Auge von Fotografien zu unterscheiden.

Zu der Einschätzung, dass das Bild wahrscheinlich manipuliert wurde, kommt außerdem ein Bildanalyse-Tool für Deepfakes. Allerdings: Hier ist die Technik ebenfalls noch nicht verlässlich ausgereift, sodass Ergebnisse immer mit Vorsicht betrachtet werden müssen, da sie mitunter zu falsch-positiven und falsch-negativen Einschätzungen kommen. Solche Tools können derzeit lediglich einen weiteren Hinweis auf eine potenzielle KI-Erzeugung liefern - als ausreichender Beleg dienen diese Einschätzungen allein bisher aber nicht.

Einstellung zum aktuellen Konflikt in Nahost ist unklar

Die Haltung des Boxers zum aktuellen Nahost-Konflikt ist derweil nicht bekannt. Ende November 2023 berichteten US-Medien über Kritik an Tyson, nachdem dieser bei einer Spendenveranstaltung für die israelischen Streitkräfte teilgenommen hatte. Tyson dementierte demzufolge, etwas gespendet zu haben und erklärte, er habe zuvor vom Spendencharakter der Veranstaltung nichts gewusst. Er sei lediglich von einem Freund zu einem lockeren Abend eingeladen worden.

Ende September 2024 beschäftigten sich zudem Faktenprüfer von «FullFact» mit falschen Behauptungen, laut denen Tyson angeblich in einem Interview seine Unterstützung für Palästina sowie für einen Boykott Israels zum Ausdruck gebracht hätte. Sein Sprecher dementierte. Dem Faktencheck zufolge hat sich Tyson in der Vergangenheit gegen Antisemitismus ausgesprochen - sei aber auch mit einem Unterstützungsband am Handgelenk für Palästina gesehen worden.

(Stand: 19.11.2024)

Links

USA Today Sports über Tattoos von Mike Tyson (archiviert)

Bilder von Tattoo im Gesicht I und II (archiviert hier und hier)

Instagram-Video vom Dezember 2023 (archiviert / archiviertes Video)

Aktuelle Aufnahmen von Mike Tyson I und II (archiviert hier und hier)

Bilder-Suche bei Google (archiviert)

Bild von Palästina-Flagge (archiviert)

«Tag24»-Artikel über Werbung auf Ringseil (archiviert)

Hinweise zum Erkennen KI-generierter Bilder (archiviert)

Einschätzung von Deepfake-Detector von TrueMedia (archiviert)

«Newsweek»-Artikel von November 2023 (archiviert)

«FullFact»-Faktencheck (archiviert)

X-Post (archiviert / archiviertes Fake-Bild)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.