Werbung für Finanzplattform?

Facebook-Seite teilt Fake über Bundespräsident Steinmeier

12.11.2024, 12:52 (CET)

Eine dubiose Seite auf Facebook verbreitet ein gefälschtes Video von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Zuvor schaltete sie bezahlte Anzeigen mit einer gefälschten Krankenkassen-Webseite.

Auf Facebook verbreitet eine Seite ein vierminütiges Video: Dem Clip zufolge stellt darin angeblich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ein neues Programm vor. Er wolle damit «Armut und Ungleichheit in unserem Land» beseitigen, heißt es (bei Minute 02:06). Den Äußerungen nach geht es bei dem neuartigen Programm offenbar um eine Art Investment- oder Finanzplattform. 50 ausgewählte Nutzer werde ein exklusiver Link zu dieser Plattform zugeschickt. Doch ist das Video echt? Hat der Bundespräsident das wirklich gesagt?

Bewertung

Falsch. Der Clip ist eine Fälschung und weist typische Merkmale von mit sogenannter Künstlicher Intelligenz (KI) generierten Videos auf. Die Facebook-Seite, von der das Video stammt, ist nicht seriös.

Fakten

Das Video macht einen merkwürdigen Eindruck. Die Stimme von Frank-Walter Steinmeier hört sich im Vergleich zu echten Videos des Bundespräsidenten verändert an. Zudem passen die Lippenbewegungen nicht zum gesprochenen Wort.

Eine Bilderrückwärtssuche liefert die Erklärung: Das Video wurde manipuliert. Das Bildmaterial stammt aus einer Ansprache des Bundespräsidenten aus dem Jahr 2020 anlässlich des Osterfests und der Corona-Pandemie. Die Rede lässt sich in der ARD-Mediathek abrufen. Die vermeintlichen Aussagen zu dem angeblichen Programm fielen in der Ansprache nicht - sie sind erfunden.

Die Unstimmigkeiten bei den Lippenbewegungen und der Stimme sprechen für eine Fälschung durch den Einsatz von KI. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz lassen sich mittlerweile Stimmen von Personen authentisch imitieren. Im Netz sind Programme frei verfügbar, mit denen man anderen Menschen Worte in den Mund legen kann, die sie nie gesagt haben. Dabei werden etwa Lippenbewegungen künstlich angepasst.

Bekannte Masche: Nutzer sollten bei Datenabfrage vorsichtig sein

Doch wieso verbreitet die Seite ein gefälschtes Video von Steinmeier? Offenbar dient der Bundespräsident hier unwissentlich als Lockvogel für eine unseriöse Werbung. Den gefälschten Aussagen zufolge geht es bei dem neuartigen «Programm» um eine Software, die mit Aktien handelt. Nutzern wird in Aussicht gestellt, darüber in kurzer Zeit viel Geld zu verdienen.

Die Masche ist nicht neu: Seit einiger Zeit werben Seiten auf Facebook mit gefälschten Medienberichten und KI-Videos für unseriöse Finanzplattformen. Zu diesem Zweck wurde beispielweise zuvor bereits eine Pressekonferenz des Unternehmers Dietmar Hopp entsprechend manipuliert, wie ein dpa-Faktencheck zeigt.

Oftmals verlinken die Anzeigen und Seiten, die diese Videos verbreiten, zu Webseiten mit demselben oder einem ähnlichen Namen des beworbenen Produkts. Dort werden Nutzer dann aufgefordert, sich zu registrieren und private Daten einzugeben. Im Fall des gefälschten Steinmeier-Videos legen die erfundenen Aussagen nahe, dass Nutzern ein solcher Link per Direktnachricht zugeschickt worden sein könnte.

Bei der Eingabe von persönlichen Daten im Netz sollten Internet-Nutzer jedoch immer wachsam und vorsichtig sein. Denn Verbraucherschützer und die Polizei warnen dringend davor, bei unseriösen Internetseiten und Angeboten oder Gewinnspielen die eigene E-Mail-Adresse oder sonstige persönliche Daten weiterzugeben, auch weil diese Daten verkauft werden könnten.

Facebook-Seite schaltete Anzeigen mit gefälschter AOK-Webseite

Das gefälschte Steinmeier-Video stammt derweil von einer Facebook-Seite namens «Success Horizons». Dass diese Seite nicht seriös ist, legt ein Blick in die Werbebibliothek des Facebook-Mutterkonzerns Meta offen: Die Seite hatte Ende Oktober und Anfang November mehrere Anzeigen auf der Plattform geschaltet.

Diese verlinken zu einer Webseite mit dem Namen «Gewünschte Lebensmittel». Es handelt sich ebenfalls um eine Fälschung: Dafür wurde eine Webseite der gesetzlichen Krankenversicherung AOK kopiert und verändert. Auf der gefälschten Webseite sollen Nutzer auch in diesem Fall Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse abgeben.

(Stand: 12.11.2024)

Links

Wie eine Bilderrückwärtssuche funktioniert (archiviert)

Original in der ARD-Mediathek (archiviert / archiviertes Video)

«Der Standard»-Bericht über KI und Stimmen (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Werbung mit gefälschtem Medienbericht

dpa-Faktencheck zu Fake-Video von Dietmar Hopp

Warnung der Polizei (archiviert)

Warnung der Verbraucherzentrale (archiviert)

Anzeigen von «Success Horizons» in Meta-Werbebibliothek (archiviert)

Originale AOK-Webseite (archiviert)

archivierte Fake-Webseite

Facebook-Post (archiviert / archiviertes Fake-Video)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

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