Keine Manipulation

«Eckige Wolken» entstehen durch Satellitenbild-Programm

9.10.2024, 18:49 (CEST)

Satellitenbilder helfen dabei, die Welt besser zu verstehen. Doch es braucht etwas Sachverstand, um sie richtig zu deuten - ein Einfallstor für jene, die damit Falschinformationen verbreiten wollen.

Am Abend des 1. Oktober hatte der Iran nach Angaben der israelischen Armee rund 180 Raketen Richtung Israel abgefeuert. Die meisten seien abgefangen worden, hieß es, doch es gab auch Einschläge. In sozialen Medien wurde in den Tagen nach dem Angriff spekuliert, ob Israel die Folgen des Angriffs zu vertuschen versuche. Beweisen soll das angeblich ein Satellitenbild, das sich im Netz verbreitet. Es zeigt Wolken ausgerechnet nur über einer israelischen Militärbasis; zudem enden die Wolken-Bilder mit scharfen Kanten dort wo die Basis endet. Ein Nutzer schreibt: «Laut Berichten hat Israel digitale Wolken über die Luftwaffenstützpunkte Tel Nof und Nevatim gelegt, um die Schäden, die durch den jüngsten iranischen Raketenangriff verursacht wurden, auf aktuellen Satellitenbildern zu verbergen.» Doch die Erzählung von künstlich erzeugten digitalen Wolken ist falsch.

Bewertung

Am Tag nach dem iranischen Angriff auf Israel war es bewölkt am Luftwaffenstützpunkte Nevatim - daher sind Wolken auf dem Satellitenbild zu sehen. Dass sie abgeschnitten wirken, hat einen technischen Grund: Auf der Plattform zum Kauf eines aktuellen Satellitenbilds von einem bestimmten Tag wird nur jener Ausschnitt eines Orts angezeigt, den man zuvor individuell angefordert hat.

Fakten

Das Satellitenbild zeigt die Militärbasis Nevatim. Am oberen Rand sind markante Gebäude zu sehen, die auch bei Google Maps erkennbar sind.

Der Wetterbericht für den 2. Oktober, den Tag nach dem iranischen Angriff auf Israel und der Tag, an dem die ersten Behauptungen mit dem wolkigen Satellitenbild kursierten, sagte Bewölkung für die Luftwaffenstützpunkten Tel Nof und Nevatim in Israel voraus. Es handelt sich also nicht um eine digitale Manipulation, sondern das erwartete Wetter.

Auf den kursierenden wolkigen Satellitenbildern sind kein Aufnahmedatum und keine genaue Uhrzeit angegeben. So lässt sich nicht genau prüfen, ob wie wirklich vom 2. Oktober stammen.

Neueste Bilder nur in ausgewählter «Are of Interest»

Wenn Unternehmen oder Einzelpersonen aktuelle Satellitenbilder sehen und kaufen wollen, können sie dafür auf kommerzielle Anbieter zurückgreifen.

Einer dieser Anbieter ist die US-Firma Planet. In der Anwendung von Planet zur Auswahl von Satellitenbildern ist sehr sicher auch die in sozialen Medien kursierende bewölkte Ansicht vom israelischen Luftwaffenstützpunkt Nevatim entstanden.

Das zeigt ein Vergleich mit der Optik der Karte und der Auswahlwerkzeuge, die Planet in Beispielbildern darstellt. So stimmt etwas das Design der «Area of Interest», jenem ausgewählten Bereich, von dem man ein aktuelles Satellitenbild sehen will, mit dem Design des Auswahlwerkezugs von Planet überein.

Die scharfen Kanten des Ausschnitts, die auf den ersten Blick unnatürlich wirken, erscheinen dort aus einem technischen Grund: Hat man einen Bereich ausgewählt, etwa den israelischen Luftwaffenstützpunkt Nevatim, und wählt ein bestimmtes Datum aus, an dem man ein Satellitenbild sehen will, dann zeigt Planet auch nur in dem ausgewählten Kartenbereich die Vorschau des Satellitenbilds an.

Der Rest des nicht ausgewählten Kartenbereichs drum herum bleibt weiter eine Standard-Satellitenansicht, die von einem älteren Zeitpunkt stammt, zu dem es wolkenlos war.

Medien berichteten über Satellitenbilder mit sichtbaren Schäden

So entstehen die scharfen Kanten zwischen dem auswählten und dem umgebenden Bereich. Und wenn am ausgewählten Tag Wolken über dem auswählten Bereich hingen, sind sie auf dem Satellitenbild sichtbar, während im älteren Bereich keine Wolken zu sehen sind. Dass diese auf den ersten Blick verwirrende Optik entstehen kann, ist auch in anderen Beispielbildern auf der Webseite von Planet zu sehen.

Es handelt sich also um einen normalen Vorgang während der Auswahl eines Satellitenbilds an einem eingegrenzten Ort. Es gibt keinen Beleg dafür, dass israelische staatliche Stellen hier die Satellitenbilder der US-Firma Planet beeinflusst haben.

Mittlerweile sind auch längst Satellitenbilder bekannt, die Schäden durch den iranischen Angriff an der israelischen Luftwaffenbasis offenbaren. Die Nachrichtenagentur AP hat Bilder der Firma Planet bereitgestellt, über die etwa die «Times of Israel» berichtet hat. Auch Jeffrey Lewis, ein Experte für Waffenkontrolle und Nichtverbreitung von Atomwaffen am Middlebury Institute of International Studies in Kalifornien, verbreitete auf der Plattform X Satellitenbilder der Firma Planet, die Einschläge an der israelischen Luftwaffenbasis Nevatim zeigen sollen.

Dies zeigt ebenfalls, dass die wolkigen Satellitenbilder an einem Tag kein Beleg dafür sind, dass Israel Schäden an seiner Luftwaffenbasis auf Satellitenbildern zu verbergen versuchte.

(Stand: 9.10.2024)

Links

Wetterbericht für den 2. Oktober für Luftwaffenstützpunkt Nevatim (archiviert)

Wetterbericht für den 2. Oktober für Dorf Beit Elazari bei Luftwaffenstützpunkt Tel Nof (archiviert)

Google Maps Nevatim

Webseite Satellitenbild-Firma Planet (archiviert)

Beispielansicht des Designs in der Anwendung von Planet (archiviert)

Weitere Beispielansicht des Designs in der Anwendung von Planet (archiviert)

Bericht der «Times of Israel» mit Satellitenbildern von AP (archiviert)

X-Beitrag von US-Professor zu Satellitenbild mit Schäden an Luftwaffenstützpunkt (archiviert)

Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert)

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