Marburg-Virus

In Hamburg stehen Zelte für Flüchtlinge, keine Feldlazarette

9.10.2024, 12:33 (CEST)

Nur ein paar Zelte an einem Bahngleis dienen in sozialen Medien einer Verschwörungserzählung rund um das Marburg-Virus in Deutschland.

Anfang Oktober gibt es in einem Zug Richtung Hamburg den Verdacht auf eine Infektion mit dem Marburg-Virus. Fast gleichzeitig verbreitet sich in sozialen Medien die Behauptung, es seien schon Wochen zuvor in Hamburg Feldlazarette aufgestellt worden, um Patienten mit der Krankheit zu isolieren. «Zufall? Sicherlich nicht - eher von länger Hand geplant» (Schreibweise im Original), heißt es in einem viralen X-Post vom 2. Oktober 2024 samt Landkarte mit dem angeblichen Standort im Stadtteil Harburg. Derselbe X-Nutzer hatte bereits am 18. August das angebliche Lazarett mit Mpox (früherer Name: Affenpocken) in Verbindung gebracht. Doch ein Zusammenhang zu den Krankheiten ist in beiden Fällen an den Haaren herbeigezogen.

Bewertung

Die Zelte in Harburg sind für Flüchtlinge errichtet worden. Der Verdacht auf eine Infektion mit dem Marburg-Virus hat sich im Nachhinein nicht bestätigt.

Fakten

Angesichts voller Flüchtlingsunterkünfte hat Hamburg im Frühjahr 2024 entschieden, Migranten notfalls in Zelten in öffentlichen Parks und auf Festplätzen unterzubringen. Das ist unter anderem auch im Stadtteil Harburg der Fall. Dort wurden auf dem Parkplatz eines ehemaligen Großmarktes in der Schlachthofstraße 3, der schon seit Jahren als Notunterkunft genutzt wird, im Sommer 2024 Zelte für Flüchtlinge aufgestellt. Die «Hamburger Morgenpost» berichtet etwa am 24. August von einem brennenden Zelt auf dem Gelände.

Vergleicht man den Großmarkt-Standort auf einem Online-Kartendienst mit dem vom X-Nutzer verbreiteten Kartenausschnitt zeigt sich: Die Stellen sind in etwa identisch. Zudem beschreibt der Nutzer am 2. Oktober: «Steigen Sie in Hamburg Harburg in den Zug und fahren Richtung Hauptbahnhof. Rund 1-2 km nach dem Verlassen des Bahnhofs sehen sie zur rechten die Feldlazarette.» Auch dies entspricht dem Großmarkt-Standort.

Verdacht auf Marburg-Virus nicht bestätigt

Von Nachmittag des 2. Oktober bis zur Entwarnung am folgenden Morgen bestand der Verdacht, dass sich ein Medizinstudent und seine Begleiterin mit dem Marburg-Virus infiziert haben könnten. Der junge Mann hatte im ostafrikanischen Ruanda in einer Klinik gearbeitet, wo auch mit dem Virus infizierte Menschen behandelt wurden.

Auf der Rückreise hatte der Mann während der Zugfahrt von Frankfurt nach Hamburg Kontakt mit Ärzten in der Hansestadt aufgenommen, weil er Sorge hatte, sich infiziert zu haben. Am Hauptbahnhof wurden der Mann und seine Begleiterin umgehend isoliert und zur weiteren Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht.

Vorwurf erinnert an Corona-Pandemie

Der Vorwurf des X-Nutzers, das Marburg-Virus oder Mpox seien von langer Hand geplant, lässt an Desinformation aus Zeiten der Corona-Pandemie denken. Seit damals wird weiterhin immer wieder fälschlicherweise verbreitet, hinter dem Covid-Erreger stecke eine geplante Aktion. Corona-Leugner haben für ihre Verschwörungserzählung das Wort «Plandemie» erfunden. Dieser Mythos wurde allerdings von Faktencheckern schon häufig widerlegt, auch in Bezug auf andere Krankheiten (hier, hier oder hier).

(Stand: 9.10.2024)

Links

NDR-Beitrag über geplante Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten (archiviert)

«Hamburger Abendblatt»-Artikel mit Großmarkt-Adresse (archiviert)

«Hamburger Abendblatt» über Großmarkt als Flüchtlingsunterkunft, kostenpflichtig (archiviert)

«Hamburger Abendblatt» über Flüchtlingsunterbringung im Sommer 2024, kostenpflichtig (archiviert)

«Harburg Aktuell» über Flüchtlingsunterbringung im Sommer 2024 (archiviert)

«Hamburger Morgenpost» über Brand auf dem Gelände (archiviert)

Schlachthofstraße 3 auf Google Maps (archiviert)

Entfernung Schlachthofstraße 3 zu Bahnhof Harburg auf Google Maps (archiviert)

dpa-Meldung zum Infektions-Verdachtsfall (archiviert)

BR-Faktenfuchs-Faktencheck über vermeintlichen Mpox-Plan (archiviert)

dpa-Faktencheck über vermeintlichen Mpox-Plan

Correctiv-Faktencheck über vermeintlichen Corona-Plan (archiviert)

X-Post mit Falschbehauptung über Marburg-Virus (archiviert)

X-Post mit Falschbehauptung über Mpox (archiviert)

X-Post mit Lagebeschreibung des vermeintlichen Feldlazaretts (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.