Briefwahlstimmen
Grafik beweist keine Wahlmanipulation in Brandenburg
7.10.2024, 15:18 (CEST), letztes Update: 7.10.2024, 15:23 (CEST)
Vor allem in den USA, aber auch in Deutschland ist er eine gängige Praxis in der populistischen Rhetorik: der Vorwurf der Wahlmanipulation. Zuletzt ist bei den Landtagswahlen in Brandenburg behauptet worden, dass «eine andere Möglichkeit als massiver Wahlbetrug bei den Briefwahlstimmen völlig undenkbar» sei. Dazu werden die unterschiedlichen Ergebnisse von Briefwahl und Stimmenabgabe im Wahllokal für die Alternative für Deutschland (AfD) gezeigt.
Bewertung
Das Ergebnis ist kein Beweis dafür, dass die Wahl manipuliert wurde.
Fakten
Die Wahlen in Deutschland sind auf vielen Ebenen gegen Manipulation geschützt. Versuche gab es in der Vergangenheit trotzdem, zum Beispiel bei den vorangegangenen Landtagswahlen in Sachsen, wo Kreuze auf dem Wahlzettel überklebt wurden, um der rechtsextremen Partei «Freie Sachsen» zu mehr Stimmen zu verhelfen.
Laut offiziellen Hochrechnungen des Landes Brandenburg (Stand: 25. September 2024) hat die AfD 36,9 Prozent bei der Stimmenabgabe im Wahllokal und 20,1 Prozent der Briefwahlstimmen erhalten. Bei keiner der anderen in der Grafik gezeigten Parteien war diese Differenz größer. Dieses Ergebnis ist noch nicht offiziell bestätigt, vermutlich wird sich aber nur wenig ändern, da die Auszählungen im ersten Gang meist sehr präzise sind.
Die Auszählung der Stimmen ist öffentlich und das nicht nur bei den am Wahltag abgegebenen Wahlzettel. Man kann auch den Briefwahlvorstand beim Auszählen beobachten. Trotzdem äußerten Stimmen aus sozialen Netzwerken, der bayrische AfD-Kreisverband Weiden-Neustadt-Tirschenreuth und der AfD-Co-Fraktionsspitze Tino Chrupalla Kritik am Vorgang (ab Minute 12:45). Die Ergebnisse seien «mathematisch für einige schwer zu erklären», so Chrupalla.
Plausible Erklärung möglich
Inwiefern das ein mathematisches Problem sei, ließ er offen. Seine Partei kritisiert hingegen schon seit längerem die Briefwahl, zum Beispiel in einer Kleinen Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion von 2018 und in einem Beitrag des AfD-Landesverbands NRW von 2021.
Denkbar ist, dass AfD-Wählende ebenso skeptisch gegenüber der Briefwahl sind wie die Partei selbst und deshalb eher lieber direkt zur Urne gehen. Die Skepsis an der Wahlbeteiligung per Post ist auch bei Populisten in anderen Staaten gern genutzte Rhetorik - allen voran von Donald Trump.
Darüber hinaus wurde von Chrupalla während der Pressekonferenz, aber auch anderen Parteimitgliedern behauptet, dass Pflegepersonal oder Mitglieder anderer Parteien ihre Bewohner und Bewohnerinnen in Altersheimen zum Wählen bestimmter Parteien nötigen würden. Die Pflegekammer NRW dementiert diese Vorwürfe und kritisiert sie zugleich scharf.
Die Briefwahl ist sicher
In der Theorie ist die Briefwahl davor nicht geschützt. Auch wenn dies nur Einzelfälle sein mögen, ist es schwer zu überwachen, ob Dritte beim Briefwählen Einfluss nehmen. In der Praxis konnte sich diese Vermutung bisher jedoch nicht erhärten.
(Stand: 4.10.2024)
Links
«LPBBW» über Populismus (archiviert)
Polizei Sachsen über manipulierte Stimmzettel (archiviert)
Hochrechnungen zur Landtagswahl in Brandenburg (archiviert)
Bundeswahlleiterin: Glossareintrag zu Briefwahl (archiviert)
AfD-Kreisverband über Manipulationsvorwurf (archiviert)
Tino Chrupalla bei Pressekonferenz
Antwort der Bundesregierung auf kleine Anfrage der AfD-Fraktion (archiviert)
AfD-Landesverband NRW «6 Gründe gegen die Briefwahl» (archiviert)
«RND» über Donald Trump (archiviert)
Pflegekammer NRW über AfD-Behauptung (archiviert)
«Tagesschau»-Faktenfinder über Wahlmanipulationsvorwurf (archiviert)
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